Chronik des Berg- und Hüttenwesens

Zeit der industriellen Revolution und vorläufiges Ende (1838 - 1936)

1838 - 1842

Johann Carl von Freiesleben wird Berghauptmann und Leiter des Oberbergamtes.

1839 - 1855

Bau der Dittersbacher Rösche (I. Purschensteiner Rösche)

1842 - 1857 Thurmhof Richtschacht

Abteufen des Thurmhof-Richtschachtes östlich der Dresdener Straße. Bis 1869 werden 580 m Teufe erreicht. Während 1842 noch mit Handgöpel gearbeitet wurde erfolgte 1853 die Errichtung eines Pferdegöpels. Seit 1855 wurde das Kunstgezeug des Schachtes durch Schwammkrug-Turbinen angetrieben. Im Jahr 1857 erfolgte der Einbau einer 40 PS-Dampffördermaschine, die im Jahr 1857 durch eine cornische Wasserhaltungsdampfmaschine mit 100 PS ersetzt wurde. Ebenfalls im Jahr 1857 erfolgt der Einbau eines Pochrades mit 9 m Durchmesser. Es ist heute das letzte erhaltene, funktionstüchtige Wasserrad im Freiberger Revier.

1843

Aus wirtschaftlichen Gründen wird der Schacht der "Alte Elisabeth" Fundgrube stillgelegt. Bei seiner Stillegung hatte er eine Teufe von 213 m (5. Gezeugstrecke). Das Kunstrad und der Pferdegöpel werden abgerissen. Erweiterung der Himmelfahrt Fundgrube bis 1860 durch Hinzunahme der "Reiche Zeche" und der "Ludwigschachtes". [4]

Auf Veranlassung des Finanzministeriums in Dresden wird die Arbeit in der Antonshütte vorübergehend eingestellt.

1844

Auf der Grube "Reicher Bergsegen" geht die erste Dampfmaschine in Betrieb.

Der Bau des Rothschönberger Stollns beginnt. Von diesem tiefem Wasserlösestollen verspricht man sich eine wirtschaftlichere Nutzung der Bergwerke und die damit verbundene Erschließung neuer Grubenfelder. Seine Fertigstellung wird über 33 Jahre, bis zum Jahr 1877 in Anspruch nehmen.

1845

Der Himmelfahrter Kunstgraben wird mit einer Länge von 3206 m fertiggestellt. F. W. Schwammkrug erhält die Oberaufsicht über das Maschinenwesen in allen staatlichen Hütten Sachsens. In der Grube "Vereinigt Feld im Zwitterstock" in Altenberg kommt es zur letztmalige Anwendung des Feuersetzens im erzgebirgischen Bergbau

1847

Ernennung von F. W. Schwammkrug zum Kunstmeister. Seine größte Leistung war die Erfindung, der nach ihm benannten Schwammkrug-Turbine. Die speziell für den Bergbau entwickelte Turbine diente dem Antrieb von Kunstgezeugen und Wassergöpeln. Die erste Schwammkrug-Turbine wird 1846-1847 im 5. Lichtloch des Rothschönberger Stollns aufgestellt.

Im Schacht der Grube "Reiche Zeche" wird in 67 m Tiefe ein Kehrrad eingebaut. Es hat einen Durchmesser von 11,2 m. Das Aufschlagwasser kommt vom vom Himmelfahrter Kunstgraben über Thurmhof-Schacht, Abraham-Schacht und Bär-Schacht. [5]

Die Dampfförderanlage der Grube "Alte Elisabeth" ist noch immer funktionsfähig und wird heute zu Demonstrationszwecken mit Druckluft betrieben. 1847 - 1848

Wiederauffahren des Schachtes "Alte Elisabeth" mit dem Ziel tiefer gelegenes Erz abzubauen und einen zweiten Betriebspunkt für die Auffahrung des Rothschönberger Stollns zu schaffen. Dafür erfolgte der Einbau einer Dampfförderanlage mit Kesselhaus, Maschinenhaus und Treibehaus.

1848

Einführung des Plattner-Prozesses zur Goldgewinnung in der Hütte Muldenhütten.

1851

Friedrich Constantin von Beust wird letzter Oberberghauptmann. Mit ihm endete ein Amt, das seit Beginn des Oberbergamtes im Jahr 1542 existierte. Im gleichen Jahr nimmt eine weitere Dampffördermaschine auf dem David-Schacht ihren Betrieb auf.

Am 22. Mai 1851 wird das "Gesetz über den Regalbergbau im Königreich Sachsen" erlassen. Damit wird die Bergordnung Kurfürst Christians vom 12. Juni 1589 abgelöst.

1852

Einführung von ersten eisernen Druckpumpen im Freiberger Bergbau.

1853

Auf dem Abraham-Schacht in Freiberg wird erstmalig im Freiberger Revier eine Fahrkunst installiert. [1] Die Fahrkunst hatte eine Gesamtlänge von 460 m und orientierte sich in ihrer Bauweise an den doppeltrümmigen Oberharzer Künsten. [6]

An den Freiberger Hütten wird das Pattinsonverfahrens zur Entsilberung von Blei eingeführt. Es wird bis 1921/22 angewandt. Es gibt erstmals Klagen über Beschädigungen von Pflanzen und Tieren durch den Hüttenbetrieb beim Ministerium in Dresden. Dieses ordnet Untersuchungen an.

Fahrkunst in Dolcoath (England) Ende des 19. Jahrhunderts
Nachbildung einer Fahrkunst im Schacht der Grube "Alte Elisabeth"
1855

Einführung stählerner Förderseile für Pferdegöpel ("Alt Hörniger Schacht" in Brand-Erbisdorf).

Größte je im Freiberger Bergbau und Hüttenwesen erreichte Belegschaftsstärke. Es arbeiten 9512 Beschäftigte im Bergbau und 837 in den Hütten. Es treten Waldschäden durch den Betrieb der Antonshütte auf.

1856 - 1857

Bau der II. und III. Purschensteiner Rösche. Beginn der Schwefelsäureproduktion in Freiberg

1857

Carl Schumann erfindet am 05. September in Freiberg die erste praktisch funktionierende, druckluftbetriebene Gesteinsbohrmaschine. [7]

Bau einer Zinkhütte in Muldenhütten zur Verarbeitung der Freiberger Zinkblende. Das Finanzministerium erteilt Auflage an das Oberbergamt zur Vorbereitung der Einstellung der Arbeit der Antonshütte wegen zu geringer Erzlieferungen und Waldschäden.

"Mining on the Comstock"; Zeitgenössische Darstellung der Bergwerkstechnologie am Comstock-Gang in Virginia City.
Die Wassersäulenmaschine aus dem 8. Lichtloch der Rothschönberger Stollns steht heute im Maschinenhaus der Grube "Alte Elisabeth".
1858

Im Mai erfolgt die endgültige Einstellung des Schmelzbetriebes in der Antonshütte.

1859

Fertigstellung der III. Purschensteiner Rösche

1859 - 1880 Silberrausch in Virginia City (Navada, USA)

In Virginia City werden reichhaltige Silbervorkommen entdeckt. Es beginnt ein Silberrausch, der zum Preisverfall des Edelmetalls führt. Insgesamt werden 6.3 Millionen Tonnen Silbererz gefördert. Die reichhaltigen Silberfunde tragen dazu bei, das weltweit Silber als Währungsmetall abgelöst wird.

1862 Eisenbahnlinie Freiberg - Dresden eröffnet

Am 11. August wird die Eisenbahnlinie Dresden-Freiberg eröffnet. Es ergeben sich Vorteile für die Hütten, da der Antransport der Kohle aus dem Döhlener Revier beträchtlich erleichtert wird.

1863

Reiche Silberfunde auf der Himmelfahrt-Fundgrube auf dem Ludwig-Flachen. Letztmaliger Bau eines Wassergöpels im Ludwig Schacht der Himmelfahrt-Fundgrube.

Entdeckung des Elementes Indium an der Bergakademie Freiberg durch Ferdinand Reich und Theodor Richter.

1867 - 1868

Das Oberbergamt wird zum Königlich-Sächsisches Bergamt.

1868 - 1869

Aufhebung des Direktionsprinzips das seit 1529 im Freiberger Bergbau galt. Einführung des Inspektionsprinzips. Das Oberhüttenamt wird als selbständige Verwaltungsbehörde direkt dem sächsischen Finanzministerium unterstellt.

1870

Unter der Leitung von F. W. Schwammkrug kommt es zur ersten Verwendung von Beton im erzgebirgischen Bergbau. Der Beton wird für die Hinterfüllung der Grubenmauerung im 6. Lichtloch des Rothschönberger Stollns verwendet.

1872

F. W. Schwammkrug leitet den Bau der Wassersäulenmaschine im 8. Lichtloch des Rothschönberger Stollns. Diese Wassersäulenmaschine kann heute im "Maschinenhaus der Grube "Alte Elisabeth"" besichtigt werden.

ab 1870 Einführung des Goldstandard - Ende von Silber als Währungsmetall

Die Ablösung des Silberstandards durch den Goldstandard ging von England aus. 1871 ging auch das deutsche Reich vom Silber auf den Goldstandard über, zwei Jahre später verabschiedete man in den USA den Coinage Act of 1873, der die Prägung von Silbermünzen untersagte. Weitere Länder sollten bald folgen. Die Zeit des Silbers als Währungsmetall war vorbei.

Ab 1874 ging der Goldwert des Silbers jährlich zurück. Der Silberpreis geriet durch die reichen Silberfunde in Amerika, sowie durch höhere Förderung infolge des technologischen Fortschritts immer mehr unter Druck. Dazu kam, das Silber zunehmend als Nebenprodukt der Buntmetallgewinnung anfiel. Durch die Demonetarisierung des Silbers wurden zusätzlich große Mengen des Edelmetalls frei, was die Situation verschlimmerte. Für Europas Silberbergwerke bedeutete die fortschreitende Silberentwertung den Ruin.

Die Obertageanlagen des Konstantinschachts im Jahr 2020. 1873

Der Konstantinschacht erhält eine Dampfgöpelanlage. Die Gesteinsbohrmaschinen von Carl Schumann werden auf dem Juliusschacht der Himmelfahrt-Fundgrube eingeführt. Es dauerte 17 Jahre von der ersten Erprobung bis zur Nutzung. Die Maschinen fanden 1876 weitere Anwendung im Rothschönberger Stolln.

1874

Einstellung der Muldenflösse wegen des Baus der Eisenbahnlinie Freiberg-Mulda.

1877

Am 21. März 1877 wird der 13,9 km lange, fiskalische (aus staatlichen Mitteln bezahlte), Teil des Rothschönberger Stollns durch Einschlag in alte Abbaue des Halsbrücker Spatganges vollendet. Mit Vollendung dieses Bauabschnitts konnten die meisten der Freiberger Gruben an den Stolln angeschlossen werden und ihre Grubenwässer ableiten.

In einem Reisebericht schreibt Sidney Thomas, ein bekannter englischer Metallurg und Erfinder des Thomas-Stahls in der Zeitschrift "Iron" über Freiberg:

"So reisen z.B. Tausende von Engländern jährlich nach Dresden, und es ist erstaunlich, dass sie nicht auch nach der nur eine Stunde entfernten Bergstadt Freiberg, der Geburtsstadt aller technischen Erziehung und Ausbildung, fahren"
1880

Am 29. Februar 1880 bricht das Fahrkunst-Gestänge des Abraham-Schachtes beim Einfahren der Nachtschicht. 11 Bergleute stürzen mit den Trümmern der Fahrkunst 20 m in die Tiefe bis auf die nächste Bühne. [9] Eine Untersuchung wird später feststellen, dass der schlechte Zustand der Fahrkust für den Bruch verantwortlich war. [10]

1881

Aufnahme der Schwefelsäureproduktion in Muldenhütten nach dem Kontaktverfahren von Clemens Winkler.

Das alte chemische Institut der Bergakademie Freiberg, die Wirkungsstätte Clemens Winklers. 1882

Bau und Inbetriebnahme des Neuwernsdorfer Wasserteilers und damit Vollendung des bergmännischen Wasserwirtschaftssystems im Freiberger Revier.

1884

Höchste jemals erreichte Jahresproduktion von 35 t Silber der Freiberger Gruben

1885

Am 12. September 1885 werden die Freiberger Gruben verstaatlicht. Auffinden des Minerals Argyrodit auf der 12. Gezeugstrecke in 459 m Teufe auf dem Silberfund Stehenden der Himmelfürst-Fundgrube in Brand-Erbisdorf.

1886

Am 6. Februar entdeckt Clemens Alexander Winkler das Element Germanium im Mineral Argyrodit (74 % Ag, 17-19% S, Fehlbetrag von 7% als Ge entdeckt).

Einführung des Parkes-Verfahrens zur Entsilberung von Blei mit metallischem Zink. Zunächst wird in einer Kombination mit dem Pattinsonieren gearbeitet, da das Werkblei aus Muldenhütten Wismut enthält.

Abrahmschacht mit Fördergerüst. (Nachkoloriertes Foto.) (Unbekannter Fotograf, Quelle: Wikimedia Commons)
Ehemalige Zentrale Erzwäsche der Himmelfahrt Fundgrube mit vorgelagertem Erzwäscheteich. Das Gebäude wurde nach dem Ende des Bergbaus durch die Freiberger Porzellanfabrik genutzt.
1887

Ausbau des seit 1839 in Betrieb befindlichen Wassergöpels auf dem Abraham-Schacht. Einbau eines eisernen Fördergerüstes, das bis 1953 in Betrieb sein wird. Am 15. August 1887 kehrt die sächsische Münze von Dresden zur Muldener Hütte zurück. Es beginnt die Prägung von 20 Pfennig Stücken aus Nickel mit dem Münzzeichen E bis 1953.

1889

Inbetriebnahme der Zentralen Erzwäsche der Himmelfahrt Fundgrube (Heute: Gelände des stillgelegten Porzellanwerkes Freiberg). Fertigstellung der Halsbrücker Esse. Die Inbetriebnahme erfolgte ein Jahr später.

Die Halsbrücker Esse ist auch heute noch ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Region. 1893

Beginn der Grubenstilllegungen im Freiberger Revier. Im gleichen Jahr wird die "Junge Hohe Birke" Fundgrube in Langenrinne trotz noch vorhandener Erzreserven geschlossen (eröffnet 1597). Bei Schließung hatte sie eine Teufe von 564 m.

1894

Der russische Wissenschaftler Dmitri Iwanowitsch Mendelejew trifft sich in Freiberg mit Clemens Alexander Winkler. Mendelejew entdeckte Gesetzmäßigkeiten der Periodizität der Chemischen Elemente und entwarf mit diesen Erkenntnissen das Periodensystem der Elemente. Damit konnten Existenz und Eigenschaften damals noch unbekannter chemischer Elemente vorhergesagt werden. Clemens Winkler entdeckte wenige Jahre zuvor (1886), an der Bergakademie Freiberg arbeitend, das chemische Element Germanium.

1896

Schließung der Grube "Vereinigt Feld" in Brand-Erbisdorf.

1897

Am 30. Juli 1897 kommt es nach tagelangen Regenfällen zu einem Hochwasser der Freiberger Mulde, gefolgt von Wassereinbrüchen in die Silbergruben der "Himmelfahrt Fundgrube", der Grube "Beihilfe" Halsbrücke und der Grube "Kurprinz" in Großschirma.

Die Hochwassermarken an der Muldentalstraße in Rothenfurth weisen heute noch den Stand des Hochwassers vom 30.07.1897 aus. Der Hochwasserstand wurde erst durch das Hochwasser vom 13. August 2002 übertroffen. Auch dieses Hochwasser, etwas mehr als hundert Jahre später richtete in den ehemaligen Silbergruben schwere Schäden an. 1898

Auf der Grube Reiche Zeche beginnt am 8. Mai 1898 die regelmäßige Seilfahrt mit einer großen Dampfförderanlage. Die Grube "Gesegnete Bergmannshoffnung" Obergruna (eröffnet 1752) stellt den Betrieb ein.

1899

Infolge zurückgehender Ausbeute stellt die Grube "Beschert Glück" in Zug die Förderung ein. Zur Grube gehörten mehrere Schächte, unter anderem auch der Drei-Brüder-Schacht. Abriss des Pferdegöpels des Prinz Leopold-Schachtes in Brand-Erbisdorf.

1903

Beschluss des sächsischen Landtages zur planmäßigen Einstellung des Freiberger Bergbaus ab 1913.

1908

Unter Oberhüttenamtsdirektor Kurt Merbach wird die Umstellung der Hütten auf ausländische Erze konsequent vorangetrieben.

1913 - 1914 Ende des Silberbergbaus und Beginn der Energieerzeugung

Im Jahr 1913 wird der Freiberger Silberbergbau eingestellt. Die bis dahin vom Bergbau genutzte Wasserkraft stand weiterhin zur Verfügung und konnte anderweitig genutzt werden. Da die Ansiedlung der Bergbaufolgeindustrie große Mengen an Elektrizität benötigen würde, entschloss man sich zu einen Umbau des Drei-Brüder-Schachtes in ein untertägiges Wasserkraftwerk. Das Kavernenkraftwerk des Dreibrüderschachts nahm seinen Betrieb am 24.12.1914 auf.

Kontrollraum des Kavernenkraftwerkes am Dreibrüderschacht. 1920

Auf der Grube Friedrich August bei Mulda Randeck wird der letzte verbliebene Pferdegöpel des Freiberger Bergbaus abgerissen.

1922

Das Kavernenkraftwerk auf dem Konstantin Schacht nimmt den Betrieb auf. In Muldenhütten wird die elektrostatischen Gasreinigung eingeführt.

1924

Am 13. Juli 1924 wird die seit 1777 bestehende Freiberger Bergschule geschlossen. Es war die erste Bergschule Deutschlands für die Steigerausbildung.

1935

Beginn der Wiedererschließung des Freiberger Bergbaus

1936

Am 26. November wird ein Schutzhaus für das Schwarzenberg-Gebläse auf der Halde der "Alten Elisabeth" eingeweiht.

Schutzhaus des Schwarzenberggebläses der "Alte Elisabeth" Fundgrube
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