Schachtaufsattelung des II. Lichtlochs vom Rothschönberger Stolln.

Das 2. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Lage und Geschichte

Bild 1: Karte der Tagesanlagen des II. Lichtlochs. (Julius Weisbach; [2]; als georeferenzierte kml Datei)

Das 2. Lichtloch befand sich am nordwestlichen Ortsausgang der Ortschaft Neukirchen in Richtung Hirschfeld. Der Rothschönberger Stolln hat hier eine Teufe von 129 Metern.

Zu den Übertageanlagen gehörten das, auf einer Schachtaufsattelung stehende Treibehaus mit direkt daran angeschlossenem Maschinen- und Kesselhaus, eine Gezähekammer, eine Kaue, eine Bergschmiede und ein Pulverhaus. In der Nähe befand sich ein Meridianstein.

Von den Tagesanlagen des Lichtlochs sind nur die Schachtaufsattelung und einige wenige Mauerreste des Maschinen und Kesselhauses erhalten geblieben. Die Schachtaufsattelung ist aus Bruchsteinen gemauert und näherungsweise quaderförmig mit quadratischer Grundfläche und einer Seitenlänge von 8 Metern bei 5 Meter Höhe. Auf der dem Ort Neukirchen zugewandten Seite kann man noch Reste der Abflussöffnung eines kleinen Wasserablaufkanals sehen.

Chronik der Ereignisse am II. Lichtloch

1845

Beginn des Schachtabteufens.

1847

8 Meter (4 Lachter) hohe Schachtaufsattelung errichtet [4a].

Treibe und Maschinenhaus errichtet [4a].

18 PS Dampfmaschine für Kunstgezeug geht in Betrieb.

1849

Lichtloch vollendet. Stollenvortrieb beginnt.

1852

3 PS Dampffördermaschine aufgestellt. [5a]

1854

Umstellung auf Gestellförderung. Grubenhunte wurden nun aus dem den Schacht befördert und auf der Halde verkippt. Das Umladen an der Hängebank entfiel damit. [6a]

1856

Starker Wasserzufluss. Vortrieb nach SW eingestellt. [7a]

1859

Betrieb wurde vorläufig eingestellt, weil sich die Dampfmaschine als zu schwach erwies.

1868

Wiederaufnahme des Stollnvortriebs zum III. Lichtloch nachdem der Wasserabfluss über das I. Lichtloch erfolgen konnte.

4. Quartal: Durchschlag zum I. Lichtloch.

1873

25.05.1873: Durchschlag zum III. Lichtloch.

1875

Projektierung und Anbau einer Scheidebank an das Treibehaus. [A5]

1889

Einbau eines neuen Vorgelegehaspels.

1905

Erneuerung von Fahrten und Bühnen.

1907

Abtragen von Maschinen- und Kesselhaus.

1913

Verwahrung des Lichtlochs in 55 Metern Tiefe mit einem Ziegelgewölbe und einer Betondecke.

1915

Verkauf des Lichtlochs an den Besitzer des Neukirchner Rittergutes.

Nutzung des Haldenmaterials für die Verbesserung von Wegen und damit Beginn der Freilegung der Schachtaufsattelung.

Daten kombiniert aus [3a] und [1a]

Tagesgebäude und technische Anlagen

Das II. Lichtloch gehörte zu den drei ursprünglich mit dampfantrieb geplanten Lichtlöcher im fiskalischen Teil des Rothschönberger Stollns. Bei den anderen beiden handelt es sich um das III. und VI. Lichtloch. Für diese Lichtlöcher gab es einen einheitlichen Entwurf, der ein Treibehaus auf einer Schachtaufsattelung mit direkt daran angeschlossenem, Maschinen- und Kesselhaus vorsah. [A1]. Für den Betrieb der Lichtlöcher bestellte man bei der Chemnitzer Firma Constantin Pfaff drei Dampfmaschinen, von denen jedoch nur die für das II. und VI. Lichtloch geliefert werden sollten.

Bild 2: Eine Anlagenzeichnung aus dem Jahr 1845 zeigt den geplanten Aufbau der ursprünglichen drei mit dampfantrieb geplanten Lichtlöcher (II., III. und VI. Lichtloch). (Zeichnung: C.W. Weinhold [A1]; digital restauriert und eingefärbt für bessere Lesbarkeit.)

Das in Holzrahmenbauweise errichtete Treibehaus stand direkt auf der Schachtaufsattelung und war das höchstgelegene Gebäude der Anlage. Im Dachboden des Treibehauses waren die Seilscheiben der Förderanlage montiert. Darunter, auf dessen Boden befand sich die Hängebank und der Schacht. Einige Meter unterhalb der Hängebank, in der Schachtaufsattelung lagen die beiden Kunstwinkelörter für die Pumpen- und Wetterkünste. Hier wandelten zwei mit einem Gestänge verbundene Kunstwinkel zu beiden Seiten des Schachtes die horizontale Bewegung des mit der Dampfmaschine verbundenen Antriebsgestänges in eine vertikale Bewegung um.

Bild 3: Darstellung des II. Lichtlochs des Rothschönberger Stollns zum Ende des Stollnbaus um 1875 auf Basis von [A1], [A2] und [A4]. Am Treibehaus wurde nachträglich eine Scheidebank abgebaut, denn der Stollnbau wurde auch für die Erkundung neuer Erzvorkommen genutzt. (Ingo Berg, Lizenz: CC BY-NC-ND)

Direkt neben der Schachtaufsattelung und deutlich tiefer gelegen als das Treibehaus, schlossen sich ein Maschinen- und das Kesselhaus an. Für Wasserhaltung, Förderung und Bewetterung wurde 1847 eine Dampfmaschine mit einer Leistung von 13.5 KW installiert. Die Höhe des Dachbodens des Maschinenhauses entsprach der Höhe der Hängebank bzw. der Oberkante der Schachtaufsattelung. Um die Schachtaufsattelung herum befand sich eine Halde, auf welcher die geförderten Massen verstürzt wurden.

Bild 4: Foto von Treibehaus, Halde und Resten des Maschinen- und Kesselhauses des II. Lichtlochs von Paul Schulz aus dem Jahr 1927. (siehe Anmerkungen). (Quelle: Deutsche Fotothek; [A2])
Bild 5: Eine Bleistiftzeichnung des Treibehauses des II. Lichtlochs von um 1900 zeigt die an das Treibehaus nachträglich angebaute Scheidebank. (Zeichnung: Walter, G; Quelle: Bergarchiv Freiberg, 40089, Nr. 2-K264 [A4]; Digital restauriert, rearrangiert und eingefärbt für bessere Lesbarkeit)

Nach Beendigung des Stollnvortriebs nutzte man das Lichtloch weiter für die Erkundung neuer Erzlagerstätten. Im Jahr 1875 baute man dafür eine kleine Scheidebank an das Treibehaus an. Diese ist in einer Aufnahmezeichnung aus der Zeit um die Jahrhundertwende dargestellt. (Bild 5; [A4]) In der Zeichnung wird deutlich, dass die Maschinenanlage damals bereits von der ursprünglichen Planung abwich. Die Seiltrommeln waren nun im Treibehaus direkt neben dem Schacht montiert. Diese Änderung stand möglicherweise mit dem Einbau einer zweiten, kleineren Förderdampfmaschine im Jahr 1852 in Zusammenhang.

Zu den weiteren Gebäuden der Tagesanlagen gehörten Bergschmiede (Bild 6), Pferdestall, Gezähekammer sowie ein Pulverturm. Das Gebäude der Bergschmiede ähnelte sehr stark der heute noch erhaltenen Bergschmiede des VII. Lichtlochs. Die Halde, sowie die Tagesanlagen des II. Lichtlochs wurden nach Abschluss der Arbeiten abgetragen. Der Schacht wurde 1913 in einer Tiefe von 55 Metern verwahrt und bis zum Schachtkopf verfüllt. [1a]

Bild 6: Bleistiftzeichnung der Bergschmiede des II. Lichtlochs des Rothschönberger Stollns. [A6]

Bild 7: Vom II. Lichtloch ist nur noch die Schachtaufsattelung erhalten geblieben. Es ist ein aus Natursteinen gemauerter Quader mit quadratischer Grundfläche. Darauf stand das Treibehaus mit der Hängebank.
Bild 8: Rückseite der Schachtaufsattelung des II. Lichtlochs. Hier befand sich das Maschinenhaus mit der Dampfmaschine. Die gemauerten Bögen gehören zu den Kunstwinkelorten, welche sich innerhalb der Schachtaufsattelung befanden. Darin waren zu beiden Seiten des Schachtes Kunstwinkel montiert, die über ein Gestänge direkt mit der Dampfmaschine verbunden waren. Sie betrieben die Pumpen- bzw Wetterkunst des Schachtes.
Bild 9: Reste der Abzugsrösche. Hier flossen die mit der Pumpenkunst geförderten Schachtwässer ab. Es befindet sich an der, in der Zeichnung von Weisbach eingetragenen Stelle.

Widersprüche, Ungenauigkeiten und Unbekanntes

Bei der Recherche für Artikel stößt man häufig auf widersprüchliche Informationen oder ungenaue Angaben in den Quellen. In diesem Artikel beabsichtige ich, die auf dieser Webseite getroffenen Aussagen, sofern nicht bereits geschehen, mit Primärquellen zu untermauern oder auf offene Fragen hinzuweisen.

Fotos des II. und III. Lichtlochs von Paul Schulz

Ich verwende im Artikel ein Foto von Paul Schulz aus der Fotothek. Die in der Fotothek enthaltene Originalbeschreibung der Fotografie von Paul Schulz aus dem Jahr 1927 lautet:

"Schulz, Paul: Reinsberg, Ruine des Treibehauses und Halde am III. Lichtloch des Rothschönberger Stollens, 1927".
Vermutlich kam es in der Fotothek zu einer Vertauschung der Bildbeschriftungen von [A2] und [A3]. Diese Vermutung basiert auf folgenden Indizien:

  • Das Foto [A2] passt besser zu der Zeichnung des II. Lichtlochs von Weisbach.
  • Die Beschriftung des Fotos [A3] ("Neukirchen (Reinsberg), Rothschönberger Stollen, Treibehaus und Halde des II. Lichtlochs") passt besser zum Foto [A2] und umgekehrt.
  • Das zweite Foto der Fotothek [A3], das laut Originalbeschreibung das II. Lichtloch abbildet, zeigt eine Schachtaufsattelung mit einer Eingangstür. An der Schachtaufsattelung des II. Lichtlochs gibt es keinerlei Hinweis auf eine Tür oder eine zugemauerte Tür an irgend einer der Mauerseiten. Darüber hinaus wird in [1b] erwähnt, das nach Abbruch der Gebäude in der Schachtaufsattelung des III. Lichtlochs ein kleiner Raum zurück blieb, der als Gezähekammer genutzt wurde. Das Bild [A3], dürfte die Eingangstür dieses Gezähekammer zeigen.

Unabhängig davon düften das II. und III. Lichtloch sehr ähnlich ausgesehen haben.

Quellenverzeichnis

Archiv- und Datenquellen

  1. Weinhold, C.W.: "Rothschönberger Stolln bei Freiberg; dampfbetriebene Berg-, Wasser- und Wetterförderungsmaschinen auf 3 Lichtlöchern" Rißzeichnung mit mehreren Ansichten von Treibe-, Maschinen und Kesselhaus mit cornischer Dampfmaschine und Gegengewicht. Bergarchiv Freiberg des Sächsisches Staatsarchivs, 40044 Generalrisse, Nr. 1-K19707; 20. Dezember 1845
  2. Paul Schulz: "Reinsberg, Ruine des Treibehauses und Halde am 3. Lichtloch des Rothschönberger Stollens, 1927" Deutsche Fotothek, Bestand 70002996; 1927
  3. Paul Schulz: "Neukirchen (Reinsberg), Rothschönberger Stollen, Treibehaus und Halde des 2. Lichtlochs" Deutsche Fotothek, Bestand 70003033; 1927
  4. Walter, G.: "Treibehaus auf dem II. Lichtloch des Rothschönberger Stolln bei Neukirchen" Bergarchiv Freiberg des Sächsisches Staatsarchiv, 40089 Revierwasserlaufsanstalt des Freiberger Reviers, Nr. 2-K264; um 1900
  5. Mehrere Autoren: "Stolln-Administration des fiskalischen Rothschönberger Stolln, 103" Bergarchiv Freiberg des Sächsisches Staatsarchiv, 40026 Stolln-Administration des fiskalischen Rothschönberger Stolln, Nr. 103, 1873, 1875
  6. Unbekannter Zeichner: "Schmiedegebäude beim II. Lichtloch (Aufnahmezeichnung)" Bergarchiv Freiberg des Sächsisches Staatsarchiv, 40102 Oberdirektion der staatlichen Erzbergwerke, Nr. 2-I2650

Literaturverzeichnis

  1. Lysann Petermann: "Der Rothschönberger Stolln - Bergbauhistorie der Klosterregion Altzella" Regionalmanagement und Bürgermeisterrat Klosterbezirk Altzella; Neuauflage des Vereins IV. Lichtloch des Rothschönberger Stollen's e.V.; a: Seite 24-26
  2. Julius Weisbach: "Die neue Markscheidekunst und ihre Anwendung auf die Anlage des Rothschönberger Stollns bei Freiberg in Sachsen."; Hrsg.: Verlag Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig, 1851
  3. Ottfried Wagenbreth, Eberhard Wächtler: "Der Freiberger Bergbau - Technische Denkmale und Geschichte" VEB Deutsche Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig; ISBN 3-342-00117-8; a: Seite 184-185
  4. Verschiedene Autoren: "Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1850" Hrsg.: Königliche Bergakademie zu Freiberg; Verlag Craz & Gerlach; 1850; a: Seite 164
  5. Verschiedene Autoren: "Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1854" Hrsg.: Königliche Bergakademie zu Freiberg; Verlag Craz & Gerlach; 1854; a: Seite 82
  6. Verschiedene Autoren: "Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1856" Hrsg.: Königliche Bergakademie zu Freiberg; Verlag Craz & Gerlach; 1856; a: Seite 88
  7. Verschiedene Autoren: "Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1858" Hrsg.: Königliche Bergakademie zu Freiberg; Verlag Craz & Gerlach; 1858; a: Seite 94