Chronik des Berg- und Hüttenwesens

Zweite Blütezeit des Freiberger Bergbaus (1500 - 1632)

"Ein nützliches Bergbüchlin." (Ulrich Rülein von Calw; 1500) Nachbildung einer Kaue aus der Zeit des vorindustriellen Bergbaus auf dem Gelände der Grube "Alte Elisabeth" in Freiberg. 1500-1517

Im Jahr 1500 wird mit der Herausgabe des Buches "Ein nützlich Bergbüchlein", eines der ersten wissenschaftlichen Werke über das Montanwesen veröffentlicht. (Ulrich Rülein von Calw)

Aus dem Jahr 1511 sind Bergbelehensbücher überliefert, die Grubenbesitzer ausweisen. Ebenfalls wird der Der Schacht "Alte Elisabeth" 1511 erstmalig erwähnt. Der ursprüngliche Schacht befindet sich nördlich des heutigen Schachtes. Für das Jahr 1517 sind reiche Silbererzfunde für den Schacht belegt.

1520-1530

Im Jahr 1520 kommt es zu Silberfunden in Marienberg. Für das Jahr 1524 weisen Aufzeichnungen 1321 kg Silber als Ausbeute der Freiberger Gruben aus. Es beginnt die systematische Aufzeichnung der Silberausbringungen. Ab dem Jahr 1525 werden Schürfprämien für die Auffindung des Silbers eingeführt.

Der Thelersberger Stolln wird 1526 erstmalig erwähnt (Länge damals 6,7 km). Dieser Stolln war vom 16. bis in 19. Jahrhundert der für die Entwässerung wichtigste Erbstolln im südlichen Freiberger Revier. Ab 1526 beginnt der weitere Stollnausbau durch Bergmeister Simon Bogner.

Im Jahr 1529 erneuerte Herzog Georg die Freiberger Bergwerksordnung. Es erfolgt die Einführung des Direktionsprinzips. Darin wird die Leitung des Berg- und Hüttenwesens durch Bergbeamte im Namen des Landesherrn vorgenommen, denn der technische Fortschritt erforderte in zunehmendem Maße ein beamtetes, ingenieurtechnisch, juristisch, ökonomisch und mathematisch gebildetes Leitungspersonal. (bis 1861).

ab 1523 (Mexiko)

In Neuspanien (Mexico) und Amerika beginnt ab 1523 der systematische Silberbergbau. Für den Aufbau des Bergbaus kamen in den folgenden Jahrzehnten viele erfahrene Bergleute aus den Bergbauregionen Europas (Deutschland und Frankreich) in die "neue Welt". Mexiko war das erste Land, in Amerika, in dem Silber gefördert wurde und ist bis heute, mit einer Unterbrechung von 120 Jahren (Potosi), der größte Silberproduzent der Welt geblieben. Die Statistik der Weltsilberproduktion ist bis um das Jahr 1500 zurück zu verfolgen und weist, mit der Ausnahme von Potosi, nur Länder auf. Für den Zeitraum 1545 bis 1560 vermerkt die Statistik eine Jahresproduktion von 15 t für Mexico, bei Potosi aber 183,2 t. Es folgen Peru mit 48, Österreich-Ungarn mit 30 und Deutschland mit 19,4 t.

1535 - 1538

Im Jahr 1535 wird der Erzabbau mittels des sogenannten "Feuersetzens" im Freiberger Bergbau nach mehreren tödlichen Unfällen durch Rauchvergiftung verboten. Ebenfalls 1535 werden Knappschaftskassen eingeführt (Büchsengeld; 3 Pfennig pro Woche).

Im Jahr 1536 wird das Hüttenraiteramt geschaffen. Der Hüttenraiter war ein Bergbeamter, der für den Ordnungsgemäßen Betrieb der Hütten zuständig war. (Abgeleitet von Raiten = Rechnen)

Für das Jahr 1536 ist der Einsatz Freiberger Bergleute in Norwegen (Kongsberg) überliefert. Ihr Fachwissen begründet den Ruf Freibergs als "Mekka des Bergbaus". Einführung der Kunstgezeuge und Wasserräder (1538)

1542

Gründung des Oberbergamtes in Freiberg durch Kurfürst Herzog Moritz. Das Oberbergamt wird später zur Keimzelle der im Jahr 1765 gegründeten ersten Montanwissenschaftlichen Hochschule der Welt, der TU Bergakademie Freiberg.

Potosi; Darstellung aus einer um 1715 entstandenen Südamerikakarte von Hermann Moll.

1542 - 1820 Reiche Silberfunde in Potosi (Bolivien)

Die Entdeckung von Silber in Potosi (Südamerika, Bolivien) führt auch in Sachsen zum Preisverfall des Edelmetalls. Am Ende der 70'iger Jahre des 16. Jahrhunderts erreichte die Fördermenge einen vorläufigen Höhepunkt mit 151,8 t pro Jahr. In den Jahren 1581-1600 wurden insgesamt 5080 t gefördert, was einer Mange von 254 t pro Jahr entsprach. Danach ging die Silberförderung in den nächsten 200 Jahren langsam zurück. Für die Jahre 1811-1820 wurden noch 49 t Silberproduktion ausgewiesen.

Da Silber als Währungsmetall diente, war Potosi für die Kolonialmacht Spanien eine Gelddruckmaschine. Man ließ direkt in der Stadt eine Münzprägeanstalt errichten, damit die Schiffe gleich die fertigen Reales (spanische Währung) in die Häfen der Kolonialmacht transportieren konnten. Doch die Schattenseiten zeigten sich bald. Durch die unglaubliche Menge der neu geprägten Silbermünzen kam es zur ersten Währungsinflation der Geschichte. Waren des täglichen Bedarfs verteuerten sich in der Folge um das Drei- bis zu Vierfache.

Der "Silberstrom" von Potosi ergoß sich für fast 3 Jahrhunderte über Europa und Asien und machte Potosi und die Kolonialmacht Spanien reich. Von dem einstigen Reichtum ist heute nicht viel geblieben und an die Stelle des Silbers ist das Zinn getreten, das zum Teil aus den Halden von damals extrahiert wird.

1545 Blick auf die Altenberger Binge.

Hans Röhling wird erster Bergmeister des Freiberger Reviers. Simon Bogner (1500-1568) wird in Freiberg erster Bergvogt.

Am 15. November 1545 kommt es zu einem ersten, kleineren, Einbruch an der Altenberger Binge bei dem 8 Menschen starben. Weitere Einbrüche folgen am 22. April 1578 und schliesslich der katastrophale Haupteinbruch im Jahr 1620.

Bau der Ehrenfriedersdorfer Radpumpe. Eine Rekonstruktion von Wasserrades und Pumpe kann seit dem Jahr 2007 wieder an ihrem Originalstandort besichtigt werden. Georgius Agricola nennt und beschreibt später das Ehrenfriedersdorfer Radkunstzeug in seinem Buch "De re metallica" von 1556.

1546

Für das Freiberger Revier ist eine Silberausbeute von 4826 kg Silber dokumentiert. (siehe oben: Ausbeute von Potosi in Mexiko 150-200 t pro Jahr!)

1546 und 1547

Als Begleiter des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen nahm Georgius Agricola (damals Bürgermeister in Chemnitz) während des Schmalkaldischen Krieges an den Tagungen der sächsischen Landstände in Freiberg teil.

1548

Anordnung einer Bergordnung durch Kurfürst Moritz von Sachsen (06.11.1548).

1549 - 1550

Im Freiberger Revier werden Stangenkünste und Feldgestänge eingeführt. Der Antrieb erfolgte durch Wasserkraft. Stangenkünste und Feldgestänge sind mechanische Anlagen, welche die Kraft einer Antriebsmaschinen über große Entfernungen übertragen können. Das war notwendig, da Wasserkraft oft nicht dort zur Verfügung stand, wo sie benötigt wurde. Die Stangenkünste dienten der Wasserhebung und waren für die nächsten 300 Jahre, bis zum aufkommen der Dampfmaschine die effektivste Pumptechnik im Bergbau. (Pumpenkunst)

1553 - 54

Die obere und untere Muldener Hütte, die mittlere Münzbach- oder Erasmushütte gehen in kurfürstlichen Besitz über.

1555

Kurfürst August I. gründet das Oberhüttenamt. Zu seinen Aufgaben zählen die Festlegung der Erzpreise und die Bemusterung. Michael Schönlebe der Ältere wird Oberhüttenverwalter. Er unternimmt erste Versuche mit dem Krummofen. Dieser ermöglicht eine deutlich besseres Metallausbringen, kontinuierlichen Ofenbetrieb und geringeren Brennstoffverbrauch.

1556

Erscheinen des Buches "De re metallica" von Georgius Agricola (1494-1555). Er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Darstellung der Mineralogie, Bergbaukunde, des Markscheidewesens, der Probierkunde und Metallerzeugung.

1556

Kurfürst August erläßt am 04.02.1556 die erste Schmelzhüttenordnung.

1557 - 1569

Bergmann Barthlome de Medina entdeckt in Pachuca (Mexico) das Amalgationsverfahren zur Ausgewinnung der Silbererze mit Quecksilber wieder. Es war bereits in der Antike von den Griechen angewendet worden aber zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten.

Wolf von Schönberg wird erster Oberberghauptmann der erzgebirgischen Kreise (1557 bis zu seinem Tod 1584)

Martin Planer (1515-1582) wird Bergmeister und später Oberbergmeister. In der Zeit von 1560 bis 1591 wird unter seiner Leitung unter anderem der untere und oberen Großhartmannsdorfer Teich und der Berthelsdorfer Hüttenteich gebaut. Er legte die Grundlage für das System der Revierwasserlaufanstalt. Im Jahr 1569 erfolgt die Verlängerung der Muldenflöße bis an die Thurmhofer Schmelzhütte bei Halsbach.

Unterer Großhartmannsdorfer Teich einer der unter Leitung von Martin Planer gebauten Kunstteiche. 1570 - 1574

Der Schacht der Fundgrube "Alte Elisabeth" ist im Jahr 1570 in 80 m Teufe vorgetrieben. In Freiberg wird eine Brauordnung festgeschrieben. Im Jahr 1572 wird mit 8 t Silber pro Jahr der größte Silberertrag aufgezeichnet.

Aus dem Jahr 1574 ist eine Anordnung bekannt, nach der das Häuerglöckchen in der Petrikirche die Bergleute zur Schicht ruft. (03, 04, 11, 12, 19 und 20 Uhr).

In Betstube der Grube Alten Elisabeth in Freiberg. Hier trafen sich die Bergleute zur gemeinsamen Andacht. 1584 - 1585

Barthel Köhler wird als Hüttenraiter eingesetzt, dessen Aufgabe es war täglich die Hütten zu besuchen, die angelieferten Erze zu überprüfen und bei Bedarf auf die metallurgischen Abläufe Einfluss zu nehmen. Im Jahr 1585 führt er die "hohen Öfen" als Vorläufer der Schachtöfen in den kurfürstlichen Hütten ein.

1592

Bau des Kunstgrabens Mittelsayda-Großhartmannsdorf

1595

Kurfürst Christian II. führt Andachtspflicht und Betstuben in den sächsischen Bergwerken ein

1607

Erstmalige urkundliche Erwähnung des Freibergsdorfer Hammers in einem Dokument, in dem seinem Besitzer Ernst Schönlebe für seinen Zainhammer Wasser zugesprochen wurde.

1607-1790

Bau des Kunstgrabens Obersayda-Dörnthal

1620

Am 24. Januar 1620 erfolgt in Altenberg der katastrophale Haupteinbruch der Altenberger Binge. 4 Zechen samt ihrer Göpel sowie ein Wohnhaus und die Anlagen des Bergschmiedes verschwanden in der Tiefe. Die Erschütterungen des Einbruchs waren bis nach Dresden zu spüren. Die Binge vergrößert sich bei dem Ereignis auf einen Durchmesser von 140 Metern.

Roter Graben fertiggestellt mit einer Länge von 5,5 km

Mundloch der Nullpunktgrotte am Roten Graben bei Konradsdorf.
Roter Graben bei Konradsdorf.
1618 - 1648 Dreißigjähriger Krieg

Am 22.02.1622 kommt es zum Tumult der Freiberger Bergleute gegen Kipper und Wipper. "Kippen und Wippen" war eine betrügerische Praktik der Münzentwertung, die ihren Höhepunkt am Anfang des 30 Jährigen Krieges im Jahr 1622 hatte. Der Silbergehalt der Münzen wurde dadurch nach und nach abgesenkt. Dies geschah durch Landesherren und Münzprägestätten.

In den Jahren 1642 - 1643 kommt es infolge der Schwedenbelagerung von Freiberg zur Zerstörung fast aller Hütten und Tagegebäude der Gruben im Freiberger Revier.


Zwischen dreißigjährigem Krieg und Gründung der Bergakademie (1648 - 1764)

1649 - 1663

Durch die Rekatholisierung Böhmens vertrieben arbeitet Baltasar Rößler als Markscheider und Bergbeamter in Freiberg. Sein 1633 eingeführter Hängekompaß ist bist zur Einführung des Theodoliten im 19. Jahrhundert das wichtigste Instrument der Markscheider. Er fasste sein Erfahrungen im Bergbau in dem Buch "Hellpolierter Bergbauspiegel" zusammen, das im Jahr 1700 von seinem Enkel veröffentlicht wurde. Dieses Buch entwickelt sich in der Folgezeit einem wichtigen Lehrbuch des Bergbaus.

1678

Erster Beleg für das Steigerlied in der Beschreibung einer Festveranstaltung, die 1678 in Schneeberg zu Ehren des sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. abgehalten wurde.

Externer Inhalt: Steigerlied - FutureGrooveMedia / Youtube

Steigerlied gespielt vom Bergmusikkorps Saxonia Freiberg anlässlich eines Bergmannskrippenspiels.

1684

Nach dem, durch den 30 jährigen Krieg verursachten, Niedergang des Bergbaus sollte nun der Ausbau der Wasserversorgung erfolgen. Kurfürst Johann Georg III gründet dafür die "Kurfürstlichen Stolln- und Röschenadministration". Ziel war vor allem der Anschluß des Flusses Flöha an die Wasserversorgung des Freiberger Bergbaus.

1706

Walther von Tschirnhaus verpflichtet Berg- und Hüttenleute aus Freiberg, darunter Samuel Stölzel (Arkanist) auf die Albrechtsburg nach Meissen in ein sogenanntes Kollegium Contubernium, die frühe Version eines Forschungs- und Entwicklungsteams. Dort arbeiteten sie an der Entwicklung von Öfen, welche die für die Porzellanherstellung notwendigen hohen Temperaturen erreichen konnten.

Albrechtsburg in Meissen 1708

Am 15. Januar 1708 gelang es Johann Friedrich Böttger und Ehrenfried Walther Tschirnhaus in der Jungfernbastei der Festung Dresden zum ersten mal weißes Hartporzellan in Europa herzustellen.

1710

August der Starke führt im Jahr 1710 die fiskalischen Hütten unter einer einheitlichen Verwaltung, der General-Schmelz-Administration zusammen. Verstaatlichung der Freiberger Hütten. Aufkauf und Vergütung werden neu geregelt. Neben Silber wird nun auch Kupfer und Blei bezahlt.

1711

Am 17. Oktober 1711 besucht Zar Peter I. Halsbrücke und die Grube König August Erbstolln in Niederschöna.

1716

Ab 1716 sind Erzlieferungen der Himmelfahrt-Fundgrube dokumentiert. Vorerst nur geringe Lieferungen (1716-51 140 Kg). Zu dieser Zeit waren Abrahamschacht und der Schacht "Alte Elisabeth" noch nicht Teil der Himmelfahrt Fundgrube.

1720

Um 1720 wird der Neue Tiefen aufgefahren. Der Stolln ist eine Fortsetzung des Alten tiefen Fürstenstollns. Er beginnt Anfang unter dem Freiberger Helmertplatz und zweigt vom alten Tiefen Fürstenstolln ab.

1726 - 1740 Johann Friedrich Henckel

Von 1718-1725 ist Johann Friedrich Henckel königlich- polnischer und Kursächsischer Land- und Bergphysikus von Frauenstein und Freiberg. Im Jahr 1726 Veröffentlicht er eine Abhandlung über die Schlackenbäder in Muldenhütten. Im Jahr 1732 erfolgt seine Ernennung zum Bergrat. 1733 errichtet Henckel im Auftrag des Oberbergamtes ein Laboratorium für chemisch-metallurgischen Unterricht in Freiberg. In den Jahren 1739-1740 studieren die russischen Gelehrten Michail Wassiljewitsch Lomonossow und Dmitri Iwanowitsch Winogradow bei ihm in Freiberg

1745

Pochwerk mit Erzwäsche für Christbescherung Erbstolln Großvoigtsberg und Bau einer Wasserhebemaschine für das Großvoigtsberger Revier.

1747 - 1749

Mehrere reiche Silberfunde auf der Himmelfürst Fundgrube in Brand-Erbisdorf. Am 12. August 1749 fand man beispielsweise eine 68 kg schwere gediegenen Silber-Stufe (125 Pfund). Proben davon wurden dem Landesfürsten als obersten Bergherrn in Dresden überbracht.

1756 - 1763

Infolge des siebenjährigen Krieges geht der Bergbau zurück. Am 29. Oktober des Jahres 1762 findet die letzte große Schlacht des Krieges bei Freiberg statt.

1754

Die Einführung geteerter Hanfseile auf Förderanlagen erhöht die Haltbarkeit der Seile.

1762

Christlieb Ehregott Gellert (1713-1795) wird Oberhüttenverwalter. Gellert führte zahlreiche Laborversuche zur Amalgation von Silbererzen durch. In einer Pilotanlage wird das Verfahren von Winkler bis 1787 in Muldenhütten zur Produktionsreife entwickelt und damit die Voraussetzungen für den Bau des Amalgamierwerkes in Halsbrücke geschaffen.