Blick zum Förderturm der Grube "Reiche Zeche".
Das 1. Lichtloch des Rothschönberger Stollns
Lage und Geschichte
Karte der Tagesanlagen des I. Lichtlochs vor der Umrüstung auf Dampfkraft. (Julius Weisbach; [2]; als georeferenzierte kml Datei) Zeichnung der Anlagen des I. Lichtlochs (nach 1857). (Quelle: Archiv Günter Rapp; Deutsch Fotothek/Wikimedia Commons; CC BY-SA 3.0 DE) Heute nicht mehr vorhandenen Schachthausfundamente am I. Lichtloch. (Fotograf: Rapp, Günter; aus Sächs. Heimatblätter 6, 1978; Deutsche Fotothek; Originalquelle; CC BY-SA 3.0 DE)Die Überreste des ersten Lichtlochs befinden sich in einem Waldstück, 1.5 km südwestlich von Rothschönberg im Tännichtbachtal. Der Rothschönberger Stollen verläuft hier in einer Teufe von 53,2 Metern.
Die Bauarbeiten an den Übertageanlagen begannen bereits im Jahr 1844. Das Lichtloch war ursprünglich für die Nutzung von Wasserkraft ausgelegt und zunächst in Ausstattung und Anlage sehr ähnlich zum IV. Lichtloch. Es verfügte allerdings über einen, eigens für dessen Betrieb angelegten Kunstteich, den Tännigbacher Teich.
Der Stollenvortrieb in Richtung Hauptstollnmundloch begann im Jahr 1847. Er endete zunächst nach nur 203 Metern, als es im Jahr 1851 zu schweren Wasser- und Schlammeinbrüchen kam. Man hatte Schwimmendes Gebirge aufgefahren. Die Arbeiten wurden daraufhin vorläufig eingestellt. Der Stollenvortrieb hatte zu diesem Zeitpunkt gerade einmal die Position der Poststraße nach Nossen erreicht (heute Staatsstrasse S 36). Eine Wideraufnahme des Stollnvortiebs war erst möglich, nachdem der Betrieb im Jahr 1857 auf Dampfkraft mit einer leistungsfähigen Cornischen Hochdruckdampfmaschine umgestellt wurde.
Der Durchschlag mit dem Stollnort des Hauptstollmundlochs fand im Jahr 1864 statt. Die nun nicht mehr benötigte Dampfmaschine wurde zum VI. Lichtloch umgesetzt und dort nochmals verstärkt. Die von den Wasser- und Schlammeinbrüchen gefährdeten Teile des Stollns wurden im Jahr 1866 mit einer wasserdichten und druckfesten Mauerung aus Sandstein, einem sogenannten Schluchtengewölbe gesichert. Nach Abschluß der Arbeiten wurden die Übertageanlagen des I. Lichtloches abgetragen und der Schacht verfüllt.
Chronik der Ereignisse am I. Lichtloch
Daten kombiniert aus [1], Seite 18 und [3b]
Baubeginn der Tagesanlagen, mit Bergschmiede, Pulverhaus und Schachtgebäude, Kunstteich sowie der Radstube.
Beginn des Abteufens des Lichtlochschachtes.
Kunstrad und Kunstgezeug wird in Betrieb genommen. [5a]
Der Schacht ist fertiggestellt.
Der Stollnvortrieb zum Hauptstollnort beginnt.
Der Stollnvortrieb zum II. Lichtloch beginnt.
Betriebseinstellung durch einen Sand- und Schlammeinbruch 203 Meter in Richtung Hauptmundloch.
Maschinen und Kesselhaus errichtet. [4a]
Ersatz des Kunstrades durch eine Cornische Dampfmaschine mit einer Leistung von 52,2 kW.
Der Durchschlag mit dem Stollnort der Hauptstollnmundlochs erfolgt.
Die Dampfmaschine wird auf das VI. Lichtloch umgesetzt und auf 88,3 kW verstärkt.
Der Bereich der Bruchstelle wird durch ein druckfestes Sandsteingewölbe gesichert.
Im 4. Quartal erfolgt der Durchschlag zum II. Lichtloch.
Sanierung des Schluchtengewölbes.
Treibe-, Maschinen und Kesselhaus
Das Treibehaus des 1. Lichtlochs unterscheidet sich von dan anderen Treibehäusern darin, daß es teilweise in Stein gemauert war. Das ist ungewöhnlich für ein Treibehaus des fiskalischen Teils des Rothschönberger Stollens. Anfänglich dürfte es ein Holzbau wie das Treibehaus der IV. Lichtlochs oder das des VII. Lichtlochs gewesen sein aber mit dem Umbau auf Dampfantrieb benötigte man eine stabile Mauerung für den schweren Balancier der kornischen Dampfmaschine. Dieser lag vermutlich auf der Mauer zwischen Maschinen- und Treibehaus auf. Während man beim II. und VI. Lichtloch den Balancier tief, auf Niveau der Hängebank auf die Schachtaufsattelung bauen konnte war das hier nicht möglich, denn es gab keine entsprechend hohe Aufsattelung. Das Lichtloch war ja ursprünglich für den Betrieb mit Wasserkraft geplant gewesen.
Treibe-, Maschinen- und Kesselhaus des I. Lichtlochs des Rothschönberger Stollns nach dem Umbau auf Dampfbetrieb im Jahr 1857. (Quelle: Ingo Berg, Lizenz: CC BY-NC-ND)Erhaltene Überreste
Besucht man heute das ehemalige erste Lichtloch, so sind auf den ersten Blick die erhaltenen Reste enttäuschend. Das Gelände ist abgelegen, die alten Wege teilweise zugewachsen. Gebäude und Anlagen sind, abgesehen von der Abzugsrösche (Bild ?, Bild ?) nicht mehr vorhanden.
Es existieren noch einige wenige Mauerreste des Schachthauses (Bild ?) und der Damm (Bild ?), des zur Wasserhaltung angelegten Tännigbacher Teiches. In der Nähe der damaligen Bergschmiede befindet sich ein Markierungsstein auf der Dammkrone. Es müsste der Stand-Stein aus Weisbachs Karte (Bild ?) sein.
Für eine genauere Untersuchung verwenden wir digitale Geländemodelle auf Basis von LIDAR-Daten des Landesamtes für Geobasisinformation Sachsen. Das ist ein Verfahren, das mit Laserstrahlen die Erdoberfläche abtastet und aus den Lichtlaufzeiten ein Höhenmodell erstellt. Das Besondere daran ist, dass ein Laser auch kleine Lücken im Kronendach von Bäumen findet. So kann man durch die Baumkronen hindurch den Boden abtasten. Die Daten zeigen, was an der Oberfläche kaum sichtbar unter der Pflanzendecke liegt.
Laserscan des Gebietes um das 1. Lichtloch mit den heute noch sichtbaren Überresten (schwarz) und nicht mehr vorhandenen Strukturen (rot). Der Verlauf des Rothschönberger Stollns ist aus Risszeichnungen von 1860 [A1] übernommen und blau markiert. Im Laserscan ist der Tagesbruch des Stollns von 1851 zu erkennen, der sich über dem abgeworfenen Stollnteil befindet. Dieser wurde bei Wiederaufnahme des Stollnvortriebs in Richtung des Hauptstollnortes mit einem Umbruch umfahren. Die Steinbogenbrücke im Süden wurde infolge des Aufstauens des Tännigbacher Teiches notwendig. Ihr Damm befand sich noch innerhalb des Kunstteiches. (Landesamt für Geobasisinformation Sachsen; DL-DE->BY-2.0; [A2])Wenn man das Geländemodell des Gebietes mit Grubenrissen aus der aktiven Zeit des Lichtlochs abgleicht, so sieht man im Norden an der Stelle, an der 1851 ein Teilstück des Stollns aufgegeben werden mußte, oberirdisch eine Binge und ein Grabensystem bei dem es sich um Ausläufer des "Schwimmendes Gebirges" handelt. Weiterhin sieht man deutlich eine Staumauer, Steinbrüche, Halden und mehrere Plateaus. Es werden sogar alte Wege und zwei grabenartige Strukturen auf dem Grund des ehemaligen Kunstteiches sichtbar.
Eine Abzugsrösche, welche die Abschlagwässer der Radstube in den Tännichtbach zurückführte und deren Mundloch direkt am Tännichtbach sind ebenfalls erhalten geblieben. Die Stelle an der sich die Bergschmiede befand, ist als Plateau im Wald östlich des Dammes zu erkennen. Dort findet sich in einem Hang eine kleine mit Natursteinen ausgemauerte Kammer, die zur Schmiede gehört haben muß. Die Position des Lichtlochschachtes wird heute durch eine ungefähr 5x5 Meter große Betonplatte markiert. Hier wurde der ehemalige Schacht, in den Jahren 2008-2009 im Rahmen von Sanierungsarbeiten aufgewältigt und erneut verfüllt.
Alte Steinbrüche
Auf der dem ehemaligen Lichtloch gegenüberliegenden Seite des Tännichtbaches befinden sich alte Steinbrüche und hohe Trockenmauern aus Bruchsteinen, die zur Zeit des Lichtlochbaus den Weg zum Steinbruch schützten. Dieser befand sich an der anderen Seite des Dammes. Der Weg wurde irgendwann später bis in den Stauraum des ehemaligen Tännnichtbacher Teiches verlängert. Er ist stellenweise noch deutlich zu sehen aber hier wandert niemand mehr. Er scheint schon vor Jahrzehnten aufgegeben worden zu sein.
Tännichtbacher Kunstteich
In der Nähe einer Biegung des Weges auf dem Grund des ehemaligen Kunstteiches befindet sich eine Steinsäule mit einem Kruzifix und der Jahreszahl 1703. Diese Gegend wird in einer überlieferten Rißzeichnung aus dem Jahre 1844 als "der todte Mann" Bezeichnet [A3] (Bild ?). Vermutlich handelt es sich um einen alten Vermessungs- oder Markierungsstein. Die Bezeichnung "Toter Mann" ist in der Bergmannssprache ein Begriff für eine vermutete aber fundleere Lagerstätte. Sie ist in Deutschland häufig als Bezeichnung für Flurstücke zu finden.
Spezialriß mit den 1844 projektierten Ausmaßen des Tännichtbacher Kunstteiches. (Quelle: Bergarchiv Freiberg [A3]) Der alte Weg führt weiter zu einem Brückendamm im hinteren Teil des ehemaligen Kunstteiches. In diesem befindet sich eine hohe, alten Steinbogenbrücke. Zu der Zeit in denen hier der Tännigbacher Kunstteich war stand diese Brücke mitsamt ihrem heute überdimensioniert erscheinenden Brückendamm im Wasser des ehemaligen Kunstteiches.Quellenangaben
Archiv- und Datenquellen
- "Rothschönberger Stolln vom Mundloch bis 1. Lichtloch" Bergarchiv Freiberg des Sächsischen Staatsarchivs, 40102 Oberdirektion der staatlichen Erzbergwerke, Nr. 2-A1022; 1860
- "Digitales Höhenmodell des Gebietes um das 1. Lichtloch" Datensatz vom Landesamt für Geobasisinformation Sachsen; DGM1; online; DL-DE->BY-2.0
- "Rothschönberger Stolln (fiskalischer Teil), Angabe des I. Lichtloches und anzulegender Schutzteich" Bergarchiv Freiberg des Sächsischen Staatsarchivs, 40040 Fiskalische Risse zum Erzbergbau, Nr. B4365; 1844
Literaturverzeichnis
- H. Albrecht; J. Ehrentraud; J. Kugler: "Umsetzungsstudie Rothschönberger Stolln" Hrsg. Förderverein „Montanregion Erzgebirge“ e.V.; Institut für Industriearchäologie, Wissenschafts und Technikgeschichte; TU-Bergakademie Freiberg; a: Seite 18; b: Seite 30
- Julius Weisbach: "Die neue Markscheidekunst und ihre Anwendung auf die Anlage des Rothschönberger Stollns bei Freiberg in Sachsen."; Hrsg.: Verlag Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig, 1851
- Ottfried Wagenbreth, Eberhard Wächtler: "Der Freiberger Bergbau - Technische Denkmale und Geschichte" VEB Deutsche Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig; ISBN 3-342-00117-8; Seite 30; b: Seite 184-186, c: Seite 188; Seit 194
- Verschiedene Autoren: "Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1859" Hrsg.: Königliche Bergakademie zu Freiberg; Verlag Craz & Gerlach; 1859; a: Seite 93
- Verschiedene Autoren: "Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann auf das Jahr 1847" Hrsg.: Königliche Bergakademie zu Freiberg; Verlag Craz & Gerlach; 1847; a: Seite 91