
Glossar der Bergmannssprache.
Nachdruck eines Artikels aus dem Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen auf das Jahr 1894.
Künstlerische Darstellung der Altväterbrücke in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf Basis eines Zeitgenössischen Kupferstiches. (Bild: Public Domain; KI-generiert auf Basis dieser Darstellung)
Manchmal überdauern Namen die Bauwerke, denen sie einst gehörten. Die „Altväterbrücke“ bei Halsbrücke ist so ein Fall: Das ursprüngliche Bauwerk existiert seit über hundert Jahren nicht mehr doch sein Name lebt weiter. Heute bezeichnet er die alte Straßenbrücke über die Freiberger Mulde zwischen Halsbrücke und Rothenfurth.
Sie wurde einst direkt unterhalb der historischen Konstruktion errichtet. Ursprünglich war die Altväterbrücke ein Aquädukt, das Wasser, zunächst aus dem Münzbach, später aus dem Roten Graben auf die andere Seite der Mulde zu den dortigen Gruben leitete. 1893 wurde das Bauwerk abgerissen. Geblieben ist eine aus Natursteinen gebaute, romantische alte Straßenbrücke und ein Name, der bis heute Geschichten erzählt.
Blick aus dem Flußbett der Mulde auf die alte Straßenbrücke über die Freiberger Mulde.
Luftaufnahme der Straßenbrücke über die Freiberger Mulde. Die drei rechteckigen Pfeilern
gehörten zu den Pfeilern der Rundbögen der eigentlichen Altväterbrücke. Sie wurden
beim Abriß stehen gelassen um die Stabilität der Straßenbrücke zu gewährleisten.
Blick auf die heute als "Altväterbrücke" bezeichnete Straßenbrücke über die Freiberger Mulde.
Der folgende Artikel ist ein Auszug aus dem "Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1894" [1]. Er wurde anlässlich des Abrißes der Altväterbrücke im Jahr 1893 veröffentlicht und enthält die letzten jemals gemachten Fotos des Bauwerkes, darunter auch ein Bild der Sprengung selbst. Der Artikel wurde weitestgehend im Original belassen, um den historischen Kontext zu bewahren.
Er ist jedoch selbst für Muttersprachler heute schwer zu lesen. Daher wird auf dieser Webseite zusätzlich eine Zusammenfassung des Artikels auf der rechten Seite bereitgestellt. Diese wurde mit zusätzlichen Dokumente und Abbildungen erweitert. Die Fotos aus dem Original sind mit Tafel I-VIII gekennzeichnet. Die Originalaufnahmen und Abbildungen wurden digital restauriert und nachkoloriert.
Bergamtsrath Professor Dr. C. Kretzschmar.
(Hierzu Tafel I bis VIII).
Im Herbst des Jahres 1893 wurde ein Bauwerk in der Nähe Freibergs niedergelegt, welches der Alterthumsfreund nur ungern scheiden sah: die Altväter-Brücke. Sie war zu Wasserleitungszwecken errichtet worden und hatte insbesondere dazu gedient, den zwischen Rothenfurth und Halsbrücke auf dem rechten Ufer der Mulde gelegenen Berggebäuden vom linken Ufer her Aufschlagwasser zuzuführen. Schon seit Menschenaltern außer Gebrauch war sie zur Zeit ihrer Niederlegung nur noch ein Baudenkmal und allenfalls eine landschaftliche Zierde.
Die dem gegenwärtigen Bande des Jahrbuchs für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf Tafel II bis VIII beigefügten Abbildungen sollen diesem Bauwerke auch in weiteren bergmännischen Kreisen ein Andenken sichern. Es sind Vervielfältigungen photographischer Aufnahmen, welche letztere zum Theil unmittelbar vor dem Beginn der Niederlegungsarbeiten, zum Theil während der Vornahme derselben, zun Theil nach deren Beendigung stattgefunden haben.
Die Geschichte der Altväter-Brücke ist bereits früher einmal, nämlich in den Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvereins auf das Jahr 1865, Seite 371 flg. — „Die Altväterwasserleitung bei Freiberg von Moritz Brause, Bergwerkspraktikant“ — zur Darstellung gelangt. In gegenwärtigem Aufsatze soll zu dieser Darstellung dasjenige nachgetragen werden, was aus der Zeit nach deren Veröffentlichung bemerkenswerth erscheint. Hierbei ist indeß ein die bisherigen Mittheilungen ergänzender Rückblick auf die frühere Zeit nicht zu vermeiden gewesen. Diesem Rückblicke liegt im Wesentlichen der Inhalt einer umfänglichen Anzahl im Bergamte verwahrter alter Akten, Risse und Bergbücher zu Grunde.
1893 wurde die Altväter-Brücke bei Freiberg gesprengt und abgetragen. Sie war ursprünglich als Wasserleitungsbauwerk errichtet worden, um den Berggebäuden zwischen Rothenfurth und Halsbrücke Aufschlagwasser von der anderen Muldenseite zuzuführen. Zum Zeitpunkt ihrer Abtragung bereits seit langem außer Betrieb, diente sie zuletzt nur noch als Denkmal und landschaftliche Zierde.
Fotografien aus allen Phasen der Abbrucharbeiten wurden im „Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen“ für das Jahr 1894 veröffentlicht, um ihr Andenken zu bewahren. Der hier nachgedruckte Aufsatz ergänzt einen älteren Bericht aus dem Jahr 1865 [2] durch neue Erkenntnisse und einen archivgestützten Rückblick auf frühere Zeiten.
Muldenstrom von der Lorenz Gegentrum Rösche bis Muldenbrücke bei der Altväter Wäsche mit den eingebundenen Kunstgräben.
Rißzeichnung aus dem September 1745. (Quelle [A3]; Digital Rekonstruiert und nachkoloriert)
Die Brücke ist nach und nach in verschiedenen Abtheilungen errichtet worden. Zuerst wurden die südlichen sechs Bogen nebst den dazugehörigen sieben Pfeilern — der die Mulde überspannende Haupttheil der Brücke aufgeführt. Der 1. und 7. Pfeiler (von Süden gezählt) waren sonach anfänglich Endpfeiler, beide hatten deshalb in der Längsachse der Brücke gemessen eine erheblich größere Länge als die fünf anderen Pfeiler — 4,10 m und 6,70 m zu 3,40 m beziehentlich 3,30 m —, auch waren sie an ihren Außenseiten, der erste an seiner südlichen, der siebente an seinere nördlichen wie man bei letzterem selbst nach Anbau der anderen Brückenbögen bis zuletzt erkennen konnte (siehe insbesondere Tafel IV, 6. Pfeiler von links), auf ihre ganze Höhe bis zur Planie der Brücke lothrecht aufgemauert.
Die Erbauung dieses Theils der Brücke fällt in das 17. Jahrhundert, und zwar in dessen zweite Hälfte. Daß derselbe vor dem Jahre 1690 errichtet worden ist, geht aus einer Abbildung der Brücke auf einer im gedachten Jahre geprägten Ausbeutemünze hervor, welche die Grube „St. Anna“ zu Rothenfurth in diesem Jahre an ihre Gewerken vertheilte, nachdem ihr solches mittelst kurfürstlichen Befehls vom 23. November 1690 — und zwar in der Erwägung,
„daß ein dergleichen Stück dem Freybergischen Bergwerke zum sonderbaren Ruhme gereichen müsse“
— gestattet worden war. Eine Abbildung hiervon befindet sich auf Tafel I.
Links: Vorderseite der Münze; Rechts: Rückseite der Münze.Die Schauseite dieser Münze enthält eine Ansicht des Bauwerks, welche deutlich die fertiggestellten sechs Bögen, sowie weiter erkennen läßt, daß die Leitung des Wassers von der Brücke nach den Grubengebäuden damals auf Holzböcken erfolgte, von welchen eine Anzahl wieder durch Steinpfeiler in der Stärke der Brückenpfeiler, indeß von wesentlich geringerer Höhe als diese getragen wurde.
Bei der Naivität dieser Darstellung darf man sich freilich hinsichtlich der Einzelheiten des Baues nicht auf sie verlassen. So ist, um die Tage gebäude des Bergwerks mit abbilden zu können, die Entfernung vom südlichen Muldengehänge bis zu den Grubengebäuden im Verhältniß zum Höhenmaße mindestens um drei Viertel zu kurz gezeichnet, und zwar ist allem Anscheine nach die Länge der steinernen sechs Brückenbögen weniger verkürzt als die Länge des Brückentheils, welcher aus Holzgerüst bestand. Bei diesem ist ohne Zweifel die Mehrzahl der Holzböcke, und zwar auch ein Theil derjenigen, welche auf Steinpfeilern ruhten, gar nicht mit zur Darstellung gekommen.
Dagegen geht aus dieser Abbildung hervor, daß bereits zur Zeit der Prägung der Münze die bis zuletzt mit der Wasserleitungsbrücke verbunden gewesene Brücke der „Meißnischen Straße“ errichtet war.
Die Wasserleitungsbrücke ist, wie hier bemerkt werden mag, nicht an die Straßenbrücke, sondern die letztere an die Wasserleitungsbrücke angebaut, also später errichtet worden als diese. Zwar gebricht es hierüber an urkundlichen Nachweisen, es ergiebt sich dies aber mit Gewißheit aus der Art, wie beide Brücken baulich mit einander verbunden waren. — Nach Brause, a. a. O., Seite 372, hängt das Mauerwerk der theils zwischen, theils an die Pfeiler der Wasserleitung gebauten Straßenbrücke nicht mit demjenigen der Wasserleitung zusammen, sondern es ist, um die Brückenbögen regelrecht ausführen zu können, einiges Mauerwerk aus den Pfeilern der Wasserleitung in der Weise roh ausgeschlägelt worden, daß die Brücke — am linken Gehänge etwas mehr als am rechten — in die Pfeiler der Wasserleitung eingreift.
Die Errichtung der Altväterbrücke erfolgte nicht in einem einzigen Bauvorhaben, sondern in mehreren Bauabschnitten. Zunächst entstand der südliche Hauptteil, der die Mulde überspannte. Dieser umfasste sechs steinerne Bögen und sieben Pfeiler. Die Pfeiler Nummer eins und sieben, von Süden gezählt, waren anfangs die Endpfeiler des Bauwerks und deshalb deutlich länger als die übrigen. Sie maßen 4,10 Meter beziehungsweise 6,70 Meter, während die Zwischenpfeiler nur 3,40 Meter bzw. 3,30 Meter lang waren. Auffällig ist, dass diese beiden Endpfeiler an ihren Außenseiten bis zur Brückenfahrbahn vollkommen lotrecht hochgeführt wurden, eine Bauweise, die noch lange erkennbar blieb.
Die Datierung dieses ersten Bauabschnittes fällt in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts und liegt sicher vor dem Jahr 1690. Belegt wird dies durch die Abbildung auf einer Ausbeutemünze, die im Jahr 1690 von der Grube St. Anna in Rothenfurth geprägt und an ihre Gewerken verteilt wurde. Die Münze zeigt bereits die sechs fertigen Steinbögen der Brücke sowie eine hölzerne Wasserleitung, die auf Holzböcken ruhte, teilweise von niedrigen Steinpfeilern getragen. Diese Darstellung ist allerdings stark verkürzt und perspektivisch ungenau, vor allem im Bereich des hölzernen Brückenteils. Viele Holzböcke sind gar nicht abgebildet. Dennoch ist der Münze zu entnehmen, dass zu dieser Zeit bereits eine Verbindung zur Brücke der Meißnischen Straße bestand.
Für bessere Motivsichtbarkeit nachkolorierte Version der Vorderseite der Münze aus Tafel I. Das Original ist einfarbig, wie alle Münzen der Zeit.
(Originalquelle: Omeis, Martin Heinrich: Grube St. Anna bei Freiberg)
Für bessere Motivsichtbarkeit nachkolorierte Version der Rückseite der Münze aus Tafel I. Das Original ist einfarbig, wie alle Münzen der Zeit.
(Originalquelle: Omeis, Martin Heinrich: Grube St. Anna bei Freiberg)
Die Straßenbrücke selbst wurde jedoch später errichtet und an die bestehende Wasserleitungsbrücke angebaut. Bauliche Untersuchungen zeigen, dass die beiden Brücken nicht im Verband errichtet wurden. Um die Straßenbrückenbögen sauber einpassen zu können, wurde an den Pfeilern der Wasserleitungsbrücke Mauerwerk roh herausgeschlagen, so dass die jüngere Brücke teilweise in die Pfeiler der älteren eingreift.
Zwischen 1690 und 1715 erfolgte die Erweiterung der Brücke auf insgesamt zwölf Bögen. Dieser Ausbau geschah in mehreren Abschnitten und unter Einbeziehung bereits vorhandener Pfeiler, die zuvor nur das hölzerne Tragwerk stützten. Der 11. Pfeiler mit 5,80 Metern Länge dürfte zeitweise den nördlichen Abschluss der Brücke gebildet haben. Die Qualität des Mauerwerks in den nachträglich gebauten Teilen war jedoch geringer als im ursprünglichen Kernbau. Die Abmessungen der Brücke blieben im Wesentlichen bis zu ihrer Niederlegung 1893 unverändert und sind in den damaligen Vermessungen dokumentiert.
Die Wasserführung zu den nördlich der Mulde gelegenen Bergwerksgebäuden erfolgte über hölzerne Spundstücke. Diese lagen nicht von Beginn an auf Querpfeilern, sondern zunächst direkt auf der Fahrbahn. Später setzte man quer zur Brückenachse stehende Steinpfeiler darunter. Darstellungen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und Aktenzeichnungen von 1770 weichen hinsichtlich der Abmessungen und Bauweise dieser Pfeiler stark voneinander ab. Während Brause von 41 Pfeilern mit einer Höhe von einer Elle und einer Länge von vier Ellen berichtet, zeigen andere Zeichnungen Pfeiler mit 1,5 Ellen Höhe und einer sich nach oben verjüngenden Länge von drei auf 2,5 Ellen. Die Spundstücke selbst waren im lichten Maß etwa drei Viertel Ellen hoch und 1,5 Ellen breit. Trotz dieser Widersprüche gilt als gesichert, dass im Jahr 1797 solche Spundstückpfeiler vorhanden waren.
Fotografien aus der Zeit kurz vor der Niederlegung der Brücke im Jahr 1893 zeigen den inzwischen baufälligen Zustand mit Bewuchs und Auswaschungen im Mauerwerk. Besonders der siebte Bogen war so stark geschädigt, dass er 1751 durch einen zusätzlichen Bogen unterfangen wurde, um seine Standfestigkeit zu sichern. Diese baulichen Veränderungen verdeutlichen, dass die Altväterbrücke nicht nur ein funktionales Bauwerk war, sondern im Laufe der Jahrhunderte mehrfach angepasst und ausgebessert wurde, bevor sie schließlich dem Abbruch anheimfiel.
Bild der Altväterbrücke, Orginal aufgenommen von Paul Schulz kurz vor ihrer Sprengung [A2].
Das Bild zeigt die im Zerfall befindliche und teilweise mit Pflanzen bewachsene Brücke.
Der Bogen in der Mitte ist der im Text erwähnte 7. Bogen aus dem
der Kalk fast völlig ausgewaschen war. Dieser wurde daher 1751 mit einem zweiten Bogen untermauert
um dessen Stabilität zu erhöhen.
Ansicht von Südost; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.
Die gedachte Münze trägt über der Abbildung der Wasserleitung die Aufschrift:
„Was Menschenhand mit Gott thun kann, das sieht man hier mit Wunder an"
,hat also den errichteten Bau verherrlichen sollen. Hieraus darf geschlossen werden, daß die Fertigstellung des bezeichneten Haupttheils der Brücke der Prägung der Münze nicht allzu geraume Zeit vorausgegangen ist. In der bis zum Jahre 1650 fortgeführten Freiberger Chronik von Andreas Möller („Theatrum Freibergense Chronicum“, Freiberg 1653) ist die Altväter-Brücke nicht erwähnt. — Auffälliger Weise ist aber auch in der einschlagenden Bergmännischen Litteratur aus dem Ende des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, selbst in der Chronik von Augustus Beyer („das gesegnete Markgrafthum Meißen an unterirdischen Schätzen und Reichthum u. s. w." Dresden 1732), obwohl dieselbe sonst manche Denkwürdigkeit des Freiberger Bergbaues aus dem 17. Jahrhundert berührt, über sie nichts zu finden.
Die übrigen der nachmaligen 12 Brückenbögen sind, und zwar, soweit bereits Pfeiler zur Stützung des Holztragewerkes vorhanden waren, unter Benutzung dieser Pfeiler, in den Jahren 1690 bis 1715 angebaut worden, indeß anscheinend nicht auf ein Mal, sondern in verschiedenen Abtheilungen, insbesondere dürfte der 11. Pfeiler, welcher 5,80 m lang war, eine Zeit lang den nördlichen Schlußpfeiler der Brücke gebildet haben.
Die in der Zeit nach 1690 aufgeführten Pfeiler und Bögen standen, was die Güte des Mauerwerks anlangt, wesentlich hinter dem zuerst erbauten Haupttheile der Brücke zurück.
Die Dimensionen des ganzen, solchergestalt errichteten Bauwerks waren — abgesehen von einigen Veränderungen durch spätere Ausbesserungen, insbesondere solchen am 6. und 7. Bogen und am 8., 9., 11. Pfeiler — die nämlichen wie noch bei der Niederlegung desselben; es darf deshalb in dieser Beziehung auf die im Jahre 1893 aufgenommenen Maße in den schematischen Skizzen der Figuren 1 und 2 verwiesen werden.
Die Zuleitung des Wassers nach den auf dem nördlichen Muldenufer gelegenen Berggebäuden erfolgte in hölzernen Spundstücken. Diese lagen nicht unmittelbar auf der Planie der Brücke, sondern auf einer Anzahl quer über dieselbe geführter Steinpfeiler, indeß anscheinend erst in späteren Jahren. Nach der bei Brause, a. a. 0., Seite 375 erwähnten Kopie eines aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammenden Bildes der Brücke ruhten die von einer einseitigen Stangenbrustwehr überragten Spundstücke zur Zeit der Anfertigung dieses Bildes noch unmittelbar auf der Planie.
Die Einzelheiten dieses Überbaues sind auf mehreren in alten Bergamtsakten befindlichen Zeichnungen, welche im Jahre 1770 anläßlich von Ausbesserungen des Mauerwerks angefertigt wurden, mit zur Darstellung gekommen. Diese Zeichnungen weichen indeß hierin sowohl untereinander, als auch von der in der mehrerwähnten Abhandlung Brause’s gegebenen Schilderung ab. Nach Letzterer ist die Zahl der Pfeiler 41, die Länge derselben 4 Ellen, die Höhe 1 Elle gewesen. Nach der einen der gedachten Zeichnungen ruhen die Spundstücke unmittelbar auf der Planie, nach der anderen allerdings, so wie von Brause angegeben, auf Steinpfeilern. Die Letzteren sind indeß hier nicht 1 Elle hoch und 4 Ellen lang, sondern 1½ Elle hoch und am Fuß 3 Ellen, am Kopfe, nach welchem zu sie sich verjüngen, 2½ Ellen lang. Die Spundstücke waren nach der nämlichen Zeichnung im Lichten gemessen an den Seitenwänden ungefähr ¾ Elle hoch und in der Sohle ungefähr 1½ Elle breit.
Ob eine dieser Zeichnungen, bei deren Anfertigung, wie aus den Akten hervorgeht, der Überbau der Brücke Nebensache war, Anspruch auf Zuverlässigkeit machen kann, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls steht mit Sicherheit fest, daß im Jahre 1797 (siehe später unter III.) solche Spundstückpfeiler sich auf der Brücke befunden haben.
Ansicht von Südwest; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.
Die Altväterbrücke hat im Laufe der Jahre verschiedenen Berggebäuden gedient. Zuerst wurde sie von den am rechten Muldenufer auf dem dermalen „Halsbrücker Spat“ genannten Gange bauenden Gewerken von „St. Anna und Altväter Fundgrube“ in Benutzung genommen.
Der Altväter-Kunstschacht lag ziemlich genau in der nach Norden verlängerten Längsaxe der Brücke, 450 m vom rechten Muldenufer entfernt, der St. Anna-Kunstschacht befand sich in einer ungefähr gleich großen Entfernung nordwestlich von ersterem Schachte.
Brause, a. a. O., Seite 373 berichtet, daß die Namen der Berggebäude „St. Anna“ und „Altväter“ bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vorkommen. In dieser Beziehung steht soviel fest, daß der Betrieb des unterhalb des Dorfes Rothenfurth angesetzten Anna-Stollns (damals noch Rothenfurther Stolln genannt) auf dem Halsbrücker Spat, wie in dem später nochmals zu erwähnenden Rezesse vom 19. April 1731 bekundet wird, bereits im Jahre 1549, und zwar von Bergvoigt Simon Bogner, wieder aufgenommen wurde. Begonnen würde der Betrieb dieses Stollns in viel früherer Zeit. Simon Bogner selbst giebt einmal in einer Aufzählung der „fürnemsten von ihm erhobenen Werke“ an, der Stolln sei „von den Alten vor Menschengedenken getrieben“ worden, wie denn auch D. Heigius in seinem „Bedenken über die Wiederaufnahme des Rothfurther Stollns“ vom Jahre 1670 der Meinung ist, der Stolln sei „vor mehr als 200 Jahren zuerst angesetzet“ worden.
Im Übrigen bestanden im 16. Jahrhundert in der Freiberger Revier nicht weniger als siebzehn Gruben, welche den Namen „St. Anna“ führten; dreizehn hiervon haben zweifellos mit dem hier in Rede stehenden Berggebäude gleichen Namens keinen Zusammenhang; ob eine der anderen vier („St. Anna Michael Rath“, „St. Anna George Soler“, „St. Anna übern Stolln“ und „St. Anna untern Stolln“), bleibt zweifelhaft; es ist nicht ausgeschlossen, daß mit dem dem Namen der letzteren beiden Gruben gegebenen Zusatze der Anna Stolln auf dem Halsbrücker Spat hat bezeichnet werden sollen; nachweislich haben die Erzlieferungen von „St. Anna übern Stolln“ im Jahre 1549, dem Jahre, in welchem der St. Anna Stolln wieder aufgenommen wurde, und von „St. Anna untern Stolln“ im Jahre 1551 begonnen.
Den Namen „Altväter“ führen im 16. Jahrhundert zwei Berggebäude der Freiberger Revier: „Altväter Erbstolln sammt Eschich Fundgrube zu Sayda“ und „Altväter Fundgrube am Goldberge auf dem Brande“; auch diese stehen, wie aus der Bezeichnung ihrer Lage ersichtlich, zu dem hier in Frage befindlichen Berggebäude in keiner Beziehung. Das Nämliche gilt wohl von einer Fundgrube, welche nebst der oberen nächsten Maaß im Jahre 1634 auf einem stehenden Gange „uffn Altvätern genannt vor dem Meißnischen Thore, uff Michaell Ratens Gütern gelegen“ verliehen wurde. Dagegen dürften Verleihungen, wie sie z. B. im Jahre 1585 mit
„1 Fundgrube und obere nächste Maas uff einem Spatgange 1 Fundgrube uff stehendem Gange 1 Fundgrube uff flachem Gange, uff Altvättern genannt, zum Rothenfurth“
stattfanden, örtlich mit dem nachmaligen Berggebäude „Altväter“ in Zusammenhang gestanden haben.
In der in Möller’s Chronik (erstes Buch, Seite 433) gegebenen Aufzählung der
„fürnemsten und fundigsten der Zechen, die in der Zeit vom Jahre 1529 bis 1656 Überschuß gewährt haben“
, ist der Name „St. Anna“ oder „Altväter“ nicht enthalten.
Der Beginn des Bergbaus auf dem Halsbrücker Spat liegt im Allgemeinen weit vor dem 17. Jahrhundert (s. hierüber z. B. „M. F. Gätzschmann, Bemerkungen u. s. w.“ im Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen auf das Jahr 1878, II. Theil, Seite 37). Dagegen hat derjenige Bergbau, welchem nachmals die über die Altväter-Brücke geführten Wasser zu Gute kamen, erst in der zweiten Hälfte des bezeichneten Jahrhunderts begonnen. Hierfür bestehen folgende Anhaltepunkte:
Am 3. Dezember 1669 wurde „Herrn Wolff Carol Braune’n Eine Fundgrube uffn mechtigen Spade an der Halsbrücke, die Altväter genannt“ verliehen; hierbei sollte sich
„das Feld von der untern nechsten Maaß St. Jacob ganz hinunter nach Rothenfurth zu erstrecken“.
Nicht minder wurde am 30. März 1670 „Christoph Rüdiger’n“
„Eine Fundgrube ober und unter nechste 2., 3., 4., 5., 6., 7. Maß auff einem Spaadtgange St. Anna... darzu den Rothenfurther Tieffen Erbstolln... item die Wasser, so von St. Georgen und St. Jacob Kunstzeug und Wäsche abfallen, in Gräben zu fassen und zu führen, künfftig auff obige.... Kunstzeuge zu gebrauchen auff denen Rothenfurther Güthern gelegen“
verliehen. Als Gewerkschaft wurde das Berggebäude „St. Anna“ zuerst erwähnt in einer am 2. November 1670 erfolgten Verleihung
„der ganzen Wasser der Münzebach, so in denen Münzwiesen herunterlaufen, grabenweise zu führen und auffn Pochwerk oder wohinnen sonst dieselben bedürftig, zu gebrauchen“,
„Christoff Rüdiger'n denen Herren Gewerken in St. Anna Fundgrube zu Rothenfurth gelegen zu Gute“
Wann und wie die Gruben „St. Anna“ und „Altväter“ vereinigt worden sind, bleibt ungewiß. Augustus Beyer spricht in seiner bereits erwähnten, im Jahre 1732 erschienenen Chronik an der Stelle, wo er die Beträge der von den genannten Gruben seit dem Quartale Luciae 1685 gewährten Verlagserstattung und beziehentlich Ausbeute angiebt, bereits nur von „St. Anna und Altväter Fundgrube zu Rothenfurth“. Dieselbe Ausdrucksweise wird gebraucht in alten Erzlieferungsextrakten, nach denen „St. Anna und Altväter Fundgrube zu Rothenfurth“ und zwar zum ersten Male im Jahre 1672 Erz geliefert hat. Dagegen steht auf der bereits erwähnten Münze nur der Name „St. Anna“. Noch am 24. Januar 1688 wurde „Herrn Johann Schmieder“
„die untere 2., 3., 4, 5. Maas ufn Altvätter Spaadgange, wovon die Fundgrube unter negste und ober negste, 2., 3., 4. Maas die Gesellschaffter auf St. Anna Fundgrube bereits in Lehn haben“
, und zwar mit der Bedingung verliehen,
„daß in berührte 3., 4., 5. Maas eine sonderlich Gesellschaft gemachet, die untere 2. Maaße aber bey der Fundgrube und unter negster Maaße verbleiben soll“
; dagegen fand am 11. Januar 1690 zum ersten Male eine Verleihung gemeinschaftlich zu Gunsten beider Gruben statt, nämlich an denselben „Herrn Johann Schmieder“ „Altväter und Sct. Anna Fundgrube zu gutte“. Auch der Gang, auf welchem die gedachten Werke bauten, jetzt, wie bereits bemerkt, „Halsbrücker Spat“ genannt, wird in den Akten hin und wieder mit dem Namen „St. Anna und Altväter Spatgang“ belegt. In dem Freiberger Belehnungsbuche vom Jahre 1708 trägt die Grube wiederum nur die Bezeichnung „St. Anna“.
Zu dieser Zeit waren es Münzbachwasser, welche über die Brücke geleitet wurden. Das Berggebäude „St. Lorenz Fundgrube“, südöstlich von „Altväter Fundgrube“ unweit der Halsbrücker Hütte auf dem Halsbrücker Spate bauend, hatte, und zwar einem alten Grubenrisse nach bereits vor dem Jahre 1629, die Wasser der dicht unterhalb der Altväter-Brücke von Südwesten her in die Mulde fließenden Münzbach ungefähr 1½ km bachaufwärts gefaßt und sie zunächst am rechten Münzbachthalgehänge abwärts, sodann am linken Muldenthalgehänge muldenaufwärts nach dem St. Lorenz-Kunstschachte geleitet. Nachmals, anscheinend noch im 17. Jahrhundert, wurde der untere Theil des Grabens abgeworfen und das Münzbachwasser muldenaufwärts nunmehr nur noch bis zum Kunstschacht des Berggebäudes „St. Georg Fundgrube“ (ungefähr 600 m südöstlich vom Altväter-Kunstschacht und 600 m östlich von der Altväter-Brücke auf dem linken Muldenufer gelegen) geführt. Nach Fertigstellung der sogenannten Johannesbergrösche erhielt das Berggebäude „St. Georg Fundgrube“ seine Aufschlagwasser aus dem muldenabwärts kommenden „Rothen Graben“, so daß es der Münzbachwasser nicht mehr bedurfte. Diese wurden nun vom Münzbachthale ab nicht mehr muldenaufwärts, sondern auf der inzwischen zu diesem Zwecke errichteten Altväter-Brücke über die Mulde und in den Altväter–Kunstschacht geleitet.
Bereits im Jahre 1731 berichtete aber das Bergamt Freiberg an das Oberbergamt: es sei
„bey den Berggebäuden St. Anna und Altväter wahrgenommen worden, daß der Bergbau alldort nicht mit Nuzen fortzustellen, indem den meisten Theil des Jahres hindurch wegen derer ermangelnden Aufschlagwasser die Anbrüche im Tieffesten nicht beleget werden können, auch ungeachtet man zwey Künste in die Grube hängen lassen, dennoch der gesuchte Endzweck nicht zu erlangen gewesen, vielmehr geschehen, daß die aufgegangenen Grubenwasser zum öffteren in den Gruben-Gebäuden beym Halßbrücker Vereinigten Felde“
(das Berggebäude „St. Georg Fundgrube“ und das zwischen diesem und der Grube „Altväter“ am rechten Muldenufer ebenfalls auf dem Halsbrücker Spat bauende Berggebäude „St. Jacob Fundgrube“ waren inmittelst nebst anderen Gruben zu dem Berggebäude „Halßbrücker Vereinigt Feld“ vereinig worden)
„auch St. Anna und Altväter zusammengetreten, dadurch aber erfolget, daß beyde Berggebäude einander Schaden und Verhinderung zugezogen und das Berggebäude St. Anna und Altväter bishero einige mahle mit Zubuße gebaut werden müssen, auch darüber in Schulden verfallen“.
Deshalb wurde unter den genannten Berggebäuden mittelst Rezesses vom 19. April 1731 vereinbart, daß „St. Anna und Altväter Fundgrube“ ihr Grubenfeld vom Altväter-Kunstschacht bis zur Markscheide mit dem Felde von „St. Jacob Fundgrube“ gegen einen Zehnten dem Berggebäude „Halsbrücker Vereinigt Feld“ abtreten und fortan nur den Anna-Stolln behufs Einbringung desselben im Felde der genannten Gruben belegen sollte. Demzufolge wurden auch
„die zwey in der Grube hängenden Wasserkünste nebst denen dabey befindlichen Sätzen“,
„sowohl die Aufschlagwasser aus der Münzbach, selbige nach Gutbefinden zu leiten und zu führen und solche, solang bis der Rothenfurther Stolln durchschlägig seyn wird, zu nuzen an bemeldes Halßbrücker Vereinigtes Feld abgetreten“.
Dieser Vertrag scheint aber nicht eingehalten worden zu sein, wenigstens berichteten am 29. Mai 1741 die „zu dieser Sache verordneten landesherrlichen Commissarii“, daß „die Gewerken von St. Anna und Altväter Fundgrube den darüber errichteten Recessus nicht mit vollzogen, ihn vielmehr dergestalt schädlich auf ihrer Seite angesehen, daß sie nachher denselben zu rescindiren getrachtet. Es wurde indeß zur nämlichen Zeit ein „Interimsvergleich“ dahin abgeschlossen, daß
„sothane von der Münzbach auf die Halßbrücker und St. Annen- und Altväter-Berggebäude gehenden Aufschlagwasser zu Vermeydung alles dieserhalb zu besorgen habenden künftigen Disputs noch zur Zeit beyden besagten Berggebäuden zugleich, salvo jure quocunque, sich dergestalt gebrauchen, daß nur soviel, als ein jedes zur höchsten Nothdurft benöthigt, ausgeschlagen werde
...
im Falle aber dabey über die ungleiche Eintheilung sich einige Zwistigkeit ereignen möchte, hierunter jedesmahl demjenigen Reviergeschworenen, der zu selbiger Zeit die Halßbrücker Refier zu besorgen hat, die Entscheidung überlassen werde“.
Daß die Altväterbrücke auch dem Berggebäude „Halsbrücker Vereinigt Feld“ gedient habe, geht zwar aus dieser Abmachung unmittelbar nicht hervor; denn die Münzbachwasser konnten dem „Halsbrücker Vereinigt Feld“, nämlich dem St. Georg-Kunstschachte auch durch den zeitherigen Kunstgraben auf dem linken Muldenufer zugeführt werden. Ersteres ist indeß um deßwillen wahrscheinlich, weil die erwähnte Wasserüberlassung auch, wie aus anderen Vertragsbestimmungen zu entnehmen ist, den auf dem rechten Muldenufer befindlich gewesenen „St. Jacob’er Rädern“ dienen sollte.
Außerdem wurde inhalts des gedachten Interimsvergleichs vereinbart, daß nicht nur die Kosten der Erhaltung des Grabens und des Wasserlaufs, sondern auch „der Brücke“ (d. h. der Wasserleitungsbrücke) auf die Berggebäude „Halsbrücker Vereinigt Feld“ und „St. Anna und Altväter Fundgrube“ verhältnißmäßig zu vertheilen seien. Ja eine Zeit lang scheint die Altväter- Brücke von ersterem Berggebäude ausschließlich benutzt worden zu sein; denn besage einer Oberbergamtsverordnung vom 21. August 1738 beschwerten sich die Gewerken von „St. Anna und Altväter Fundgrube“ darüber, daß
„der zur St. Annen und Altväter-Gewerkschaft gehörige Wasserlauf, welchen das Vereinigt Feld aniezo in Gebrauch hat, in baulichem Wesen nicht erhalten werde“,
auch sollte ebendanach,
„wenn dieser Wasserlauf quaestionis hinwiederum in vorigen Stande, so wie die Gewerken von St. Annen und Altväter ihn zurückgelassen, gesezet werden sollte, es unter 1000 Thaler nicht bewerkstelligt werden können."
Im Jahre 1747 kam das Berggebäude „Halsbrücker Vereinigt Feld“ zum Erliegen. Da nunmehr die demselben durch die Johannesbergrösche zugeflossenen Wasser aus dem „Rothen Graben“ dem Berggebäude „St. Anna und Altväter Fundgrube“ zur Verfügung standen, wurde der zwischen der Altväterwasserleitung und dem Kunstschacht von „St. Georg Fundgrube“ liegende Theil des vormaligen St. Georg’er Kunstgrabens, welcher, als dieser Graben noch von dem soeben genannten Berggebäude benutzt wurde, die Wasser muldenaufwärts geführt hatte, in seinem Falle gewendet und dazu benutzt, die Wasser des „Rothen Grabens“ von „St. Georg Fundgrube“ in die Altväterwasserleitung gelangen zu lassen. Von nun an leitete man auch diese Wasser über die Altväterbrücke nach dem Kunstschacht von „St. Anna und Altväter Fundgrube“, 1758 wurde auch diese Grube auflässig; sie hatte sich im Quartal Reminiscere 1757
„in Ansehung des großen Schnees und derer durch das Thauwetter verursachten häufigen Wasser, auch dermaligen Kriegsläuffte und Theuernheiten“
in Fristen verschreiben lassen und sich „gestallt die betrübten Kriegsläuffte, nahrloßen, theuern und Geldklemmen Zeiten noch fortdauern“ bis zum Quartal Crucis 1758 darin erhalten; zufolge landesherrlichen Reskriptes vom 16. September 1758 wurde sie indeß „auf die von andern Muthern eingelegte Muthung freygefahren.“ Diese Muther, die Gewerken von „Neue Versorgung Gottes Erbstolln zu Großschirma sammt Anna und Altväter“, welche das Feld am 19. März 1791 wieder lossagten, haben die Altväterbrücke nie in Benutzung gehabt. Nachdem „St. Anna und Altväter Fundgrube“ die Benutzung der Brücke eingestellt hatte, scheinen die aus Holz bestehenden Theile der letzteren: Spundstücke, Trageböcke und dergleichen abgebrochen worden zu sein, wenigstens war, als man in der Zeit nach dem Jahre 1767 seiten der Gewerkschaft „Isaak Erbstolln zu Rothenfurth“, deren Kunstschacht unweit des rechten Muldenufers ungefähr einen Kilometer von der Altväterbrücke muldenaufwärts gelegen war, die Brücke wieder in Gebrauch zu nehmen beschloß, inhalts der einschlagenden Akten öfters davon die Rede,
„die über dem Muldenstrom von der sogenannten Altväterwasserleitung stehen gebliebenen steinernen Pfeiler und Bögen zum Auflegen der... Spundstücke wieder zu gebrauchen“.
Das Berggebäude „Isaak Erbstolln“, welches vordem Aufschlagwasser in der Weise erhalten hatte, daß solches aus dem am gegenüberliegenden linken Muldenufer vorbeiführenden Bergwerkskanal ausgeschlagen und ihm ebenfalls vermittelst einer Muldenüberbrückung zugeführt wurde, muthete, außer einem bereits unter dem 20. Mai 1767 gemutheten Rad Wasser aus der Münzbach, am 5. Oktober 1768 „ein Rad Wasser aus dem Rothen Graben auf ein Kunstgezeug zu gebrauchen", erhielt solche Wasser auch verliehen, nachdem es zuvor in Gemäßheit eines landesherrlichen Reskriptes vom 30. Juli 1749, wonach die Verleihung von Wassern aus dem „Rothen Graben“
„den Privatgewerken nur ad interim und bis auf Wiedereinziehung, gegen einen zur Bestreitung derer Reparaturkosten hinlänglichen Abtrag und sonsten gewöhnliche Quatembergelder angedeihen soll“
, einen diesen Reskript entsprechenden Revers vollzogen hatte. Daß auch dieses Wasser auf der Altväter-Brücke über die Mulde geleitet werden sollte, geht unter Anderem aus dem einschlägigen Bergamtsberichte vom 27. Oktober 1768 hervor, in welchem bemerkt wird,
„daß sothane Wasser in der ehemaligen Altväterwasserleitung und der über den Muldenstrom geführten steinernen Bergwerksbrücke zum nicht geringen Vortheil des Gebäudes, welches die besten Aussichten zeiget, fortgebracht werden können“.
Nach einer aktenmäßigen Aufstellung vom 25. Juni 1787 empfing das genannte Berggebäude von den 12 Rad Wasser des „Rothen Grabens“ indeß nicht ein, sondern drei Rad.
Im Jahre 1789 entstand am linken Muldenufer auf dem Halsbrücker Spat ein größerer Tagebruch, der „Jacob’er Bruch“. Hierdurch wurde der Wassergraben von der Altväter-Brücke nach der Isaak’er Radstube, welcher über die Bruchstelle führte, an dieser Stelle zerstört. Im darauffolgenden Winter litt die Altväter-Brücke selbst durch Einfrieren der Wasser Schaden. Diese Vorgänge sind vielleicht mit bestimmend gewesen, als die Gewerkschaft „Isaak Erbstolln“ im Jahre 1795 beschloß, sich der Benutzung der Altväterwasserleitung künftig zu enthalten. In einem Bergamtsprotokolle vom 24. Juli 1797 wird denn auch konstatirt, es habe
„das Grubengebäude Isaak Erbstolln zu Rothenfurth obrubricirte Wasserleitung, welche es zeither auf sein Kunstgezeug benutzet, da dies Gezeug abgeschützet worden, folglich es selbiger nicht mehr bedarf, wieder in’s Freye fallen lassen“.
Seitdem ist die Altväterwasserleitung nicht wieder benutzt worden. Die mehrgedachte Abhandlung von Brause schließt mit den Worten:
„Auch jetzt noch wird dieser altehrwürdige, unser Muldenthal malerisch zierende Bau erhalten, und es ist vielleicht möglich, daß er beim Wiederangriff des hoffnungsreichen Bergbaues auf dem Halsbrücker Spat nach Einbringung des Rothschönberger Stollns wieder seinem ursprünglichen Zweck wird dienen können“.
Nunmehr nach Niederlegung der Brücke ist auch diese Hoffnung zu Grabe getragen.
Die Altväter-Brücke war ein wasserbauliches Schlüsselbauwerk im Freiberger Revier. Sie diente vom späten 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der Zuleitung von Aufschlagwässern zu verschiedenen Gruben am Halsbrücker Spat, vor allem den Fundgruben St. Anna und Altväter.
Schon im 16. Jh. existierten zahlreiche Gruben mit dem Namen St. Anna, darunter der Anna-Stolln bei Rothenfurth, dessen Betrieb 1549 von Bergvoigt Simon Bogner wiederaufgenommen wurde. Auch der Name Altväter tauchte mehrfach im Revier auf, aber nicht alle gleichnamigen Fundgruben standen in Zusammenhang mit dem Bauwerk an der Mulde. Ab 1672 werden beide Gruben gemeinsam als St. Anna und Altväter Fundgrube genannt.
Zunächst nutzten die Gruben St. Lorenz und später St. Georg am südlichen Ufer der Freiberger Mulde das Münzbachwasser, welches über einen Kunstgraben herangeführt wurde. Dieser Graben begann ca. 1,5 km oberhalb von dessen Mündung in die Freiberger Mulde (Bild ?).
Das ist die im Artikel erwähnte Stelle 1½ km bachaufwärts heute. In Bild ?
ist hier eine kleiner aufgestauter Teich zu sehen und tatsächlich ist das Bachbett auch heute hier ein wenig breiter.
Rechts im Vordergrund wo heute auffällig viele große Steine liegen, befand sich vermutlich
der Wasserabschlag für den Altväter Kunstgraben. Die Entfernung stimmt jedenfalls
und auch in Laserscans ist hier noch ein Graben zu erkennen. Tatsächlich
findet sich hier am vermutlichen Beginn des Altväter Kunstgrabens auch noch
eine ein Mauerrest.
Dieses Foto zeigt Reste einer Natursteinmauer. Möglicherweise einer der wenigen baulichen Überreste
der Anlagen des Altväter-Kunstgrabens. Nach zwei Jahrhunderthochwässern in den Jahren 1897
und 2002 wäre es bemerkenswert wenn überhaupt noch Reste der Anlagen vorhanden wären.
Mit der Fertigstellung des Roten Grabens erhielt St. Georg seine Aufschlagwässer über diesen, sodass die Münzbachwasser frei wurden. Diese wurden nun über die neu errichtete Altväter-Brücke über die Mulde geleitet und dem Altväter-Kunstschacht zugeführt.
In dieser Zeichnung aus dem Jahr 1745 ist der Altväter Kunstgraben und die Altväterbrücke dargestellt.
Zunächst wurden die Wässer Muldenaufwärts zur St. Georg Fundgrube geleitet. Mit der Fertigstellug des Roten Grabens
wurden diese dort nicht mehr benötigt und fortan über die neu errichtete Altväterbrücke in den Altväter
Kunstschacht geleitet. [A1]
Bereits 1731 klagte das Bergamt Freiberg, dass St. Anna und Altväter häufig stilllagen, weil Wasser fehlte. Trotz zweier eingesetzter Wasserkünste konnte der Betrieb nicht aufrechterhalten werden.
Das führte zum Rezess vom 19. April 1731:
1741 stellte sich heraus, dass die Vereinbarung nicht eingehalten worden war. Ein Interimsvergleich legte schließlich fest, dass die Münzbachwässer vorläufig beiden Gruben zufließen sollten.
Im Interimsvergleich wurde auch geregelt, dass Unterhaltungskosten für Graben, Wasserlauf und Brücke zwischen den beteiligten Gewerken aufzuteilen seien.
1738 beschwerten sich die Gewerken von St. Anna und Altväter, dass die Brücke durch das Vereinigt Feld vernachlässigt worden sei und Reparaturen bis zu 1000 Taler kosten würden.
Nach dem Niedergang des Halsbrücker Vereinigt Feld im Jahr 1747 wurden dessen Wässer aus dem Roten Grabens für St. Anna und Altväter Fundgrube frei. Diese wurden fortan über die Altväter-Brücke auf das andere Muldenufer geleitet. Dafür musste der Teil der Altväterwasserleitung am Hang der Mulde jedoch in seinem Gefälle umgekehrt werden.
1757/58 wurde der Betrieb der „St. Anna und Altväter Fundgrube“ wegen Kriegslasten, Teuerung und Wassermangel eingestellt.
Ab 1767 nutzte die Grube Isaak die steinernen Pfeiler und Bögen der Brücke jedoch erneut, um Wasser aus dem Roten Graben zuzuführen.
1789 führte ein großer Tagebruch („Jacob’er Bruch“) zur Zerstörung des Kunstgrabens zum Berggebäude des "Isaak Erbstollns". Wenig später im Jahr 1790 kam es zu Frostschäden, welche die Brücke zusätzlich schwächten. So beschloß man im Jahr 1795 die Wasserleitung aufzugeben. Seitens der Bergbehörden verzichtete man auf eine Abtragung in der Hoffnung das Bauwerk später wieder nutzen zu können.
Danach blieb die Brücke ungenutzt. Die hölzernen Bauteile (Spundstücke, Trageböcke) wurden abgetragen, nur die Steinpfeiler blieben bestehen.
Brause [2] schrieb im 19. Jh., dass die Brücke noch erhalten sei und vielleicht nach Fertigstellung des Rothschönberger Stollns wieder genutzt werden könnte. Mit der Niederlegung der Brücke war diese Hoffnung endgültig erloschen.
Die Altväter-Brücke hat fortgesetzt, und zwar oft in erheblichem Umfange, Wiederherstellungsarbeiten erforderlich gemacht.
Nach der bereits erwähnten Oberbergamts-Verordnung vom 21. August 1738 waren an der Brücke
„die Pfeiler oben in Wiederlagen, wo die Bogen ihren Anfang nehmen, schadhaft, weilln in der Wiederlage die Steine zum Theil herausgefallen und andere zu’n Wiederlagen gehörige Steine sich losgezogen“.
Ferner wird darin hervorgehoben, es sei
„das Wasser in abgewichenem Herbst und Winter eine 4 böhrigte Röhre stark durch den ruinen Bogen durch und heruntergegangen, auch habe in dem abgewichenen Winter so viel Eiß sich auf der Straße, so unter diesem Wasserlauff wegginge, gesammelt, daß die Fuhrleuthe kaum darüber wegfahren können, ja es wäre das Eiß von dem Fußboden der Straße an in die Höhe und wieder von Bogen herunter dergestalt angewachsen und in der Mitte zusammengefroren, daß ein rechter Eißpfeiler vom Fußboden an bis ans Gewölbe daraus geworden“.
Durch landesherrliches Reskript vom 4. Januar 1749 wurde dem Berggebäude „St. Anna und Altväter Fundgrube“ dazu,
„den wandelbaren und aus dem Cirkel gedrückten Bogen, so 30 Ellen in Lichten weit und hoch ist“
d. i. der jetzt mit der Unterwölbung versehene 7. Bogen, durch welchen auf dem rechten Muldenufer die Straße führt,
„abzutragen und von neuen zu wölben“,
ein mit „einem halben Gülden oder zehn Groschen 6 Pfennig von jeder in Erzen liefernden Mark Silber“ zurückzahlbarer Vorschuß an 139 Thaler 16 Groschen 3 Pfennig aus der Freiberger Gnadengroschenkasse gewährt. Das erforderliche Holzwerk: 6 Balken, 8 Ziegel Sparren, 12 Röhrhölzer und 45 Rüststangen sollten aus der Fürstenhöfischen Waldung ohne Entgelt verabfolgt werden.
Diese Arbeiten wurden indeß um 2 Jahre verschoben. Da nun
„in diesen beyden Wintern der Kalck aus denen übrigen Bögen durch die Wasser fast völlig gewaschen, insonderheit in dem an diesen Hauptbogen“
(den siebenten Bogen)
„anschließenden gegen Mittag, wo die Steine fast alle in freyen hangen, Ursache, weil das Gewölbe ohne zugerichtete Steine gemauret, darzwischen soviel Sand und Kalck sich befindet, daß, da solcher durch die Wasser ausgewaschen, man mit geballten Händen zwischen die Steine fahren kann, dahero, wenn dieser Bogen wäre abgetragen worden, die übrigen ebenfalls würden zusammengegangen seyn, maßen die Pfeiler nicht alle mehr von sonderlichem Halt, sondern theils gespaltet und theils Geschoben, in Betracht dessen hat man“
— wie am 7. September 1751 der Geschworene Lommer dem Bergamt Freiberg anzeigte, —
„die anderen Bögen nicht zu lediren, den Hauptbogen etwas von der großen Last durch Benehmung der großen Weite zu benehmen und dem Pfeiler, welchen es, als dieser Bogen gebauet, auf die Seite gegen Mitternacht um vieles geschoben, hinwieder einen neuen Pfeiler an dem gegen Mitternacht, 4 Ellen stark und 14 Ellen hoch, biß unter die Wiederlage aufgeführet, gegen Mittag aber in dem alten Pfeiler Wiederlage gehauen, wodurch offtberührter Bogen anstatt 30 26 Ellen und also 4 Ellen enger, der alte aber mit dem neuen unterfahren worden.“
Diese Reparatur war, wie aus den Tafeln II, III, IV ersichtlich ist, noch bis zur Niederlegung der Brücke wohl erkennbar. Der ausgeworfene Betrag an 139 Thaler 16 Groschen 3 Pfennig wurde hierbei um 91 Thaler 16 Groschem überstiegen. Zur nachträglichen Rechtfertigung dieser Überschreitung nahm man auf die Schwierigkeiten des Baues insbesondere darauf Bezug, es sei,
„als man mit dem neuen Bogen unter den alten gekommen und daran gerühret, wahrgenommen worden, daß die Steine wie Schutt hereingefallen, und haben die Maurer mit großer Lebensgefahr darunter arbeiten müssen“, dagegen habe man in dem neuen Bogen „die zugerichteten Steine so scharff auf einander gearbeitet, daß nicht ein Zscherperrücken Kalck darzwischen“
sei.
Bereits am 17. September 1751 wurde bei einer bergamtlichen Befahrung der Brücke festgestellt, daß
„bey dem nächst an den gegenwärtig wieder hergestellten Hauptbogen zur Seiten gegen Mittag stehenden Nebenbogen, so 18 Ellen Weite hat“
(dem 6. Bogen),
„eine anderweite dergleichen höchst nöthige Reparatur sich finde, daß selbiger mit einem neuen Bogen unterzogen werden muß, daferne die ganze Brücke nicht in Gefahr laufen und selbst das dermahlen neu geschlossene Gewölbe den Wiederhallt verlieren soll, indem an solchen Bogen nicht nur sehr starke Risse und Öffnungen in Haupt-Circul zwischen denen Steinen, als welche ehedem bei der Erbauung mit allzuvielen Kalk, den nachher die drüber laufenden Wasser wieder ausgewaschen, eingesetzet sind, sich zeigen, sondern auch an diesem Pfeiler gegen Mittag auff der breiten Seite in Abend es bereits einen großen Bruch herausgedrücket hat“.
Auch zu dieser ebenfalls bis zur Niederlegung der Brücke erkennbar gebliebenen Ausbesserung (siehe Tafel II und IV) erhielt die Gewerkschaft unter den nämlichen Bedingungen wie zuvor durch landesherrliches Reskript vom 22. Dezember 1751 einen Vorschuß von 104 Thaler 11 Groschen 4 Pfennig aus der Freiberger Gnadengroschenkasse verwilligt.
Aber auch die anderen Bögen gaben nachmals zu Klagen Veranlassung. So berichtete unter dem 12. Mai 1770 das Bergamt Freiberg an das Oberbergamt, daß
„die Reparatur des Gemäuers, woran Zeit und Wetter viel zerstöret, gar nicht zu vermeiden sey",
„insbesondere aber äußere sich nunmehro, daß der 5. Bogen an der mittäglichen Seite überaus gefährlich und flüchtig geworden, auch die zwischen dem 1. und 2., 5. und 6. Bogen befindlichen Wiederlagen sich gezogen haben und den Einfall drohen“.
Die Kosten der hierdurch erforderlich gewordenen Reparatur beliefen sich auf 694 Thaler 16 Groschen; sie wurden zufolge der landesherrlichen Reskripte vom 27. Oktober 1770 und 13. Juni 1771 von der Freiberger Gnadengroschenkasse zu zwei Dritttheilen, von dem Berggebäude „Isaak Erbstolln“ zu einem Dritttheile getragen. Das letztere Drittheil wurde vorschußweise ebenfalls von der Gnadengroschenkasse bestritten; dieser Vorschuß war mit
„Einem Thaler von jeder in Erzen von gedachtem Isaaker Berggebäude zur General-Schmelzadministration liefernden Mark Silber zurückzahlbar.
Die Reparatur selbst bestand darin, daß man am 2. Pfeiler das Stück schadhafte Mauer herausnahm und es neu aufführte, ferner den 5. Bogen
„von unten ausgezwicket und durch Einwechselung der Wölbsteine und Eingüsse mit Kalk, auch Auszwicken von oben herein repariret“,
„auch an der Morgenseite der Wasserleitung ein Stück Bruch herausgenommen,
„zwischen dem 6. und 7. Bogen“, also am 7. Pfeiler „ebenfalls ein ganzes Stück eingewölbet“.
Nach dem seiten des Berggebäudes Isaak Erbstolln im Jahre 1795 die Benutzung der Altväter-Brücke aufgegeben worden war, wurde schon damals, nämlich im Jahre 1797, von den Bergbehörden erwogen,
„ob diese Pfeiler mit ihren Bögen ganz abzutragen oder noch für die Zukunft zu erhalten und dahero auszubessern seien“.
Wennschon nicht verkannt wurde, daß
„man für die jetzige Zeit nicht sogleich einigen Gebrauch von der in Frage seyenden Wasserleitung zu machen weiß“,
entschied man sich doch für deren Erhaltung. Die Wasserleitung war „im ganzen genommen noch gut“, nur der 9. Pfeiler „hing etwas und zwar... gegen Abend 1 Elle 19 Zoll über“. Zu seiner Sicherung wurde der ebenfalls noch auf Tafel II, III und IV ersichtliche Strebepfeiler angebaut. In dem deswegen erstatteten Bergamtsberichte vom 1. November 1797 wurde übrigens bemerkt, daß die westliche Verstärkung des 11. Pfeilers (siehe Figur 2 und Tafel III), über deren Entstehung sonst Etwas gegenwärtig nicht mehr zu ermitteln ist, ebenfalls ein „bereits in älteren Zeiten“ zur Sicherung des Pfeilers aufgeführter Anbau gewesen sei. Außerdem wurde
„die Oberfläche der Wasserleitung, nachdem die darauf stehenden Spundstückpfeilerchen weggenommen, einige Schuh tief abgetragen und planirt".
Ansicht von Nordwest; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.
Die Kosten dieser Arbeiten betrugen 513 Thaler 13 Groschen 6 Pfennig und wurden aus der Gnadengroschenkasse bestritten. Die Arbeiten selbst scheinen mehrere Jahre in Anspruch genommen zu haben. Nach einer im Besitze des Freiberger Alterthumsvereins befindlichen Farbenskizze von Friedrich Constantin Gerlach aus dem Jahre 1804 waren Spundstückpfeiler, Spundstücke, Holzgeländer, dieses letztere allerdings in zerbrochenem Zustande, im gedachten Jahr noch auf der Brücke befindlich; auch wurde die Abrechnung über die erwähnten Arbeiten dem Bergamte erst im Jahre 1810 vorgelegt.
In der Folgezeit wurde, was zunächst die Zeit bis zum Jahre 1883 anlangt, eine Reparatur, und zwar die Abtragung und Wiederaufführung zweier Stücke der Mauerung im Jahre 1832 mit einem Aufwand von 102 Thaler 19 Groschen 11 Pfennig erforderlich.
Dagegen begannen in den Jahren von 1883 ab sich die der Ausbesserung bedürftigen Schäden zu häufen. So gab im Jahre 1883 der zweite Bogen, d. h. derjenige, welcher auf dem linken Muldenufer die alte Meißner Straße überbrückt, der Ortsverwaltungsbehörde Veranlassung zur Beschwerde. Er wurde, nachdem man anfänglich beabsichtigt hatte, ihn mit Eisenblech zu unterspannen, unter Aufwand eines Kostenbetrags von 722 Mark 41 Pfennig, welcher, und zwar zum ersten Male, aus Staatsmitteln, nicht aus der mehrgenannten Gnadengroschenkasse bestritten wurde, ausgezwickt und wetterbeständig abgeputzt. Im Jahre 1887 stellte es sich heraus, daß die Brücke in der Nähe des 3. Pfeilers an der östlichen Seite und über dem 9. Bogen an der westlichen Seite Ausbauchungen erlitten hatte. In diesem Jahre wurde indeß — abgesehen von der durch eine Gendarmerie-Anzeige veranlaßten Entfernung lockerer Steine — zunächst nur, um das Besteigen der Brücke durch Unbefugte zu verhindern, der südliche Endpfeiler ausgeflickt und glatt abgeputzt.
Nach einer kleinen Reparatur im Jahre 1889 und einer größeren solchen im Jahre 1891 wurde dem Bergamt bereits wieder im Jahre l892 von zuständiger Seite berichtet, daß sich „der bauliche Zustand der Brücke mehr und mehr verschlechtere“.
Nunmehr mußte der Frage, ob und welche durchgreifende Maßregeln hinsichtlich der Brücke zu treffen seien, näher getreten werden.
Am 13. Oktober 1892 sprach sich ein Bausachverständiger über den Zustand der Brücke wie folgt aus:
„Die sogenannte Altväter-Brücke befindet sich einer eingehenden Untersuchung zu Folge in einem sehr baufälligen, für den öffentlichen Verkehr sehr gefährlichen Zustande. Die atmosphärischen Niederschläge haben im oberen Theil der Brücke derartig nachtheilig eingewirkt, daß derselben ohne gründliche Instandsetzung keine lange Dauer mehr beschieden sein wird. Diese atmosphärischen Niederschläge haben sich in der Länge der Zeit dermaßen in’s Innere des Mauerwerks gezogen. daß sie dort den ursprünglich vorhanden gewesenen Mörtel aufgelöst und ausgewaschen und bei dem Eintritt von Frost auf die einzelnen Strukturtheile eine zertreibende Wirkung hervorgerufen haben, die in Ausbauchungen, Herausfallen von Wölbsteinen u. s. w. sich bemerkbar macht. Solche Ausbauchungen finden sich hauptsächlich über dem dritten Pfeiler am linken Muldenufer und rechts und links vom fünften Pfeiler des rechten Muldenufers in sehr bedenklichem Grade; während ausgefallene Wölbschlußsteine oder deren hinterlassene Lücken besonders an der Wetterseite der Bogen direkt über dem Muldenbett zu finden sind. Spuren von bindendem Mörtel sind an der sogenannten Wetterseite in dem Bogenmauerwerk, ebenso in der Bogenaufmauerung bis zur Brückenkrone kaum mehr zu entdecken. Weitere gefährliche Stellen sind jene, wo durch Senkung eines Pfeilers ein Bruch der anstoßenden Bögen stattgefunden hat. Einen sehr ungünstigen Einfluß auf das Bauwerk üben ferner die zu beiden Seiten und auf der Brückenkrone im Mauerwerk wuchernden Sträucher aus, deren Wurzeln durch die eindringende Feuchtigkeit genährt, sich in die Mauerfugen eindrängen und dann beim Wachsen die Steinschichten trennen und das verbandliche Gefüge zerstören."
Hierzu kam, daß, wie von anderen Sachverständigen versichert wurde, „die in der Mulde stehenden Fundamente der Altväter-Brücke bereits bedenklicher Weise unterwaschen“ waren.
Zunächst wurde erwogen, ob nicht im Wege gründlicher Wiederherstellungsarbeiten es ermöglicht werden könne, dieses Denkmal früh entwickelter vaterländischer Baukunst der Nachwelt zu erhalten.
Die Kosten dieser Arbeiten wurden durch den für letztere in Frage genommenen Baumeister auf 6400 Mark veranschlagt, eine Summe, welche man von Seiten anderer Sachverständiger als noch zu niedrig bezeichnete. Bereits im Jahre 1883 war von technischer Seite „eine Beseitigung des ganzen Baues“ „im Interesse des Staatssäckels und vor Allem der öffentlichen Sicherheit“ als das Rathsamste bezeichnet worden. Dieser Anregung hatte die Behörde zwar damals noch nicht Folge geleistet. Da sich jedoch seitdem, wie gezeigt, die Reparaturen der Brücke sowie die Beschwerden der Grundstücks-Nachbarn und der Ortsverwaltungsbehörde rasch wiederholten, auch der Verfall der Brücke in den letzten Jahren offenbar viel schneller als zeither fortzuschreiten begonnen hatte, so wurde, zumal bei der angegebenen Höhe der Kosten einer Reparatur, diese Erwägung wieder aufgenommen. Ausschlaggebend war schließlich, daß nach dem Urtheile Sachverständiger auch selbst durch eine Ausbesserung in weitestem Umfange
„nur die Erhaltung des Bauwerks auf einige Jahrzehnte mehr gesichert worden wäre, nach welcher Zeit immer wieder die Frage des Abbruchs vorgelegen haben würde“.
So wurde denn behördlicherseits, und zwar am 16. Dezember 1892, der Vorschlag, die Altväter-Brücke niederzulegen, zum Beschlusse erhoben.
Kolorierte Radierung der Altväterbrücke um 1830.
(Quelle: Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
; Inventarnummer: A 1995-5714; Lizenz: CC BY-SA 4.0)
Ursprünglich war die Altväter-Brücke aller Wahrscheinlichkeit nach Zubehör des mehrgenannten Berggebäudes „St. Anna und Altväter Fundgrube“.
Daß sie aus dessen Mitteln errichtet worden, ist zwar mit Sicherheit nicht nachzuweisen, aber aus mehrfachen Gründen wahrscheinlich.
Zunächst spricht dafür, daß die Gewerkschaft den Bau durch die Prägung der unter I. erwähnten Münze verherrlichte. Die Gewerken hatten auch zu jener Zeit besonders große Ausgaben zu bestreiten gehabt; denn in einer Eingabe an den Landesherrn vom 11. Dezember 1705, in welcher sie darum bitten, zur Herstellung eines Schutzteiches in den Münzwiesen „Etwas von den fürstenhöfischen Müntzwiesen mit einteichen zu dürfen“, nahmen sie darauf Bezug, daß von dem Berggebäude „Seine Königliche Majestät nur innerhalb letzter 10 Jahre 19976 Thaler 7 Groschen Nutzen und sie (die Gewerken) nicht das geringste zu genießen gehabt“.
Auch war man anfänglich allem Anscheine nach darüber keinerseits in Zweifel, daß die Pflicht, das Bauwerk zu erhalten, dem genannten Berggebäude obliege; so wurde von diesem in den oben unter II. erwähnten Interimsvergleich vom Jahre 1741 mit dem Berggebäude „Halsbrücker Vereinigt Feld“ ausdrücklich verabredet, daß, weil die Benutzung der Wasserleitung künftig gemeinschaftlich sein sollte, die gedachten Berggebäude
„auch zu denen Kosten, so zur Reparirung und Erhaltung des Grabens, Brücke und Wasserlaufs von Zeit zu Zeit erforderlich, beyderseits das Ihrige nach Proportion beyzutragen verbunden“
seien.
In einem kurfürstlichen Reskript vom 4. Januar 1749 wurde, nachdem das Berggebäude „Halsbrücker Vereinigt Feld“ inzwischen auflässig geworden war, hervorgehoben, daß die Wasserleitung nunmehr von „der Gewerkschaft des St. Annen Berggebäudes allein zu unterhalten sei“. Der besage des nämlichen Reskriptes aus der Freiberger Gnadengroschenkasse zur Wiederinstandsetzung der Brücke verwilligte Vorschuß und der Vorschuß aus dem Jahre 1751 sollten denn auch von dem genannten Berggebäude so wie Betriebsvorschüsse überhaupt zurückgezahlt werden.
Mit der Zeit trat jedoch in dieser Auffassung ein Umschwang ein dergestalt, daß die Altväter-Brücke aus Revierkassen, schließlich aus Staats- mitteln erhalten und, wie es einmal in einem bergamtlichen Berichte ausgedrückt worden, „als ein von den Bergbehörden zu überwachendes und zu vertretendes besonderes Rechtsobjekt, nicht als bloße Pertinenz einer Grube“ behandelt wurde. Es läßt sich feststellen, wann dieser Umschwung begonnen hat, und auf welche Ursachen er zurückzuführen ist:
Die Altväterbrücke hatte seit dem Auflässigwerden des Berggebäudes „St. Anna und Altväter Fundgrube“ im Jahre 1758, wahrscheinlich aber schon während einiger Jahre vorher, bis zum Jahre 1769, wo sie von „Isaak Erbstolln“ in Gebrauch genommen wurde, unbenutzt gelegen. Hieran knüpfte der Schichtmeister des letzteren Berggebäudes an, als er im Jahre 1770 um Gewährung der Mittel zu der damals erforderlichen Reparatur bei der Behörde einkam, indem er „vorgestellet, wie die Schäden dieser Wasserleitung schon vor etlichen Jahren, als noch kein Wasser für Isaak hinüber gegangen, sich hervorgethan, und es wäre damals schon“ — also zu einer Zeit, zu welcher „Isaak“ die Kosten der Reparatur sicherlich nicht zu tragen gehabt hätte —
„vor höchst nothwendig erachtet worden, dieses kostbare Werck zu fernerer Gebrauchnahme vor die von der Mulde im Gebürge gegen Mitternacht gelegenen Grubengebäude auf- und in guten Stand zu erhalten, ... gegenwärtig habe zwar Isaak Erbstolln diese Wasserleitung allein in Gebrauch, es könnten aber alle in diesem Gebürge liegenden Grubengebäude sich derer ebenfalls bedienen“.
Unter dieser Begründung suchte er darum nach, daß die Reparatur nicht, wie bisher, vorschußweise, sondern endgültig aus der Gnadengroschenkasse bestritten werde. Das Bergamt zu Freiberg und in seinem Berichte vom 12. September 1770 auch das Oberbergamt erkannten an, es sei
„ohne Zweifel, daß die beruffene steinern Wasserleitung ein solches opus publicum sey, welches vielen über den Muldenstrom gegen Mitternacht gelegenen und in diesem freundlichen Gebürge noch entstehenden Gruben-Gebäuden zu Herbeybringung derer Aufschlagwasser nüzlich und nöthig seyn kann. Man würde auch, im Falle Isaak Erbstolln auf den Vorsatz nicht gekommen, seine Spundstücken auf diese Pfeiler und Bogen zu legen, deren izt nöthig gewordene Reparatur um des allgemeinen Bergbau willens nicht füglich umgehen haben können,“
und befürwortete, daß, wie bereits unter III. bemerkt, die Kosten dieser Reparatur nur zu einem Dritttheil vorschußweise, zu anderen zwei Dritttheilen aber endgültig aus der Freiberger Gnadengroschenkasse bestritten wurden.
Man betrachtete also die Altväter-Brücke als eine Art Revieranstalt, deren Erhaltung demjenigen Berggebäude, welches sie benutzte, höchstens theilweise angesonnen werden könne.
Dieser Auffassung entsprach es, daß, als auch das Berggebäude „Isaak Erbstolln“ im Jahre 1795 die Benutzung der Brücke aufgegeben hatte, letztere also bei keiner Grube in Gebrauch stand, die Kosten der Ausbesserungen der Brücke bis zum Jahre 1832 aus einer Revierkasse, nämlich der mehrfach erwähnten Freiberger Gnadengroschenkasse bestritten wurden. Man behielt sich jedoch in jedem einzelnen Falle ausdrücklich vor, daß ebenso, wie Betriebsvorschüsse für nachmals auflässig werdende Gruben von demjenigen, welcher später den Bergbau in den letzteren wieder aufnimmt, übernommen werden müssen, die für die Erhaltung der Brücke verausgabten Summen von dem Berggebäude, welches etwa später die Wasserleitung abermals in Benutzung nehmen würde, wieder zurückzuzahlen seien. Die fraglichen Summen sollten „auf der Altväterwasserleitung gleich einem Grubenvorschusse haften“; insbesondere wurde. in einem Falle das Bergamt zu Freiberg noch besonders angewiesen,
„nach Vorschrift des wegen Restitution derVorschüsse auflässiger Gruben unterm 17. Juny 1738 und des unterm 13. November 1794 ergangenen höchsten Erläuterungsreskriptes für die Zukunft darauf bedacht zu seyn, daß ein sich künftig findender Muther dieser Wasserleitung zugleich zur Übernahme und Restitution gedachter 500 Thaler an die Gnadengroschenkasse sich verbindlich mache“.
Bezüglich der Fragen, wer inzwischen über die Substanz der Brücke verfügen könne, wer Eigenthümer der letzteren sei, wie man sich eine Muthung der Wasserleitung und eine Verleihung derselben zu denken habe, hat man sich offenbar bei alledem gar nicht klar gemacht. Es wurde hierzu auch keine Veranlassung gegeben, insbesondere hat nach der Außergebrauchsetzung der Brücke im Jahre 1795 eine auf sie bezügliche Muthung niemals stattgefunden.
Als im Jahre 1883 sich nach längerer Pause wiederum eine Ausbesserung nöthig machte, war die Freiberger Gnadengroschenkasse inzwischen im Sinne von §§ 157 flg. des Regalbergbaugesetzes vom 22. Mai 1851 und nachmals von § 110 des Allgemeinen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 eine Revierbetriebskasse der Freiberger Bergrevier geworden. Andererseits konnte nicht angenommen werden, daß auch die Altväter-Brücke die Eigenschaft einer Revieranstalt im nämlichen Sinne erlangt habe; denn zu der Zeit, zu welcher infolge des Regalbergbaugesetzes die Bergreviere ihre jetzige Verfassung erhielten, war die Altväter-Brücke schon längst nur noch ein verlassenes Bauwerk. Die Revier als solche hat seit ihrer Neukonstituirung ein Interesse an dem Besitze derselben niemals geäußert und wohl auch zu keiner Zeit ein solches gehabt. Unter diesen Umständen konnten auch die Kosten der Ausbesserung der Brücke, füglich nicht mehr aus der Freiberger Gnadengroschenkasse bestritten werden, und es entstand die Frage, woher die Mittel hierzu künftighin zu nehmen seien.
Hierbei war es zunächst ohne Einfluß, ob und an wen das Unterirdische derjenigen Oberflächentheile, auf denen die Brücke erbaut worden, als Grubenfeld verliehen war. Denn, wenn auch der mit dem Bergbau Beliehene durch die Verleihung außer der Befugniß zur Gewinnung der metallischen Mineralien noch gewisse Rechte an Anlagen und sonstigen Überbleibseln des früheren Bergbaubetriebes erlangt und hiermit in Bezug auf sie auch gewisse Pflichten übernimmt, so beziehen sich diese Rechte und Pflichten doch nur auf die von früherem Betriebe in dem nämlichen Felde herrührenden alten Grubenbaue (§ 39, Absatz 2 des Allgemeinen Berggesetzes) und auf verlassene Halden und Wäschschlämme (§ 39, Absatz 1 verbunden mit § 40, Absatz 8 daselbst). Was dagegen die von früherem Bergbau überkommenen Tageanlagen im engeren Sinne anlangt, so ist der Bergbautreibende, und zwar auch nur hinsichtlich solcher Anlagen, welche bereits vor dem Inkrafttreten des Allgemeinen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 in nicht bergmännisches Eigenthum übergegangen sind, lediglich durch das auf diesen Anlagen lastende sogenannte Bergreservat bevorrechtigt, wonach dieselben zu jeder Zeit gegen Vergütung ihres Werthes wieder zu Bergwerkszwecken abgetreten werden müssen (§ 295 des Regalbergbaugesetzes).
Beiläufig sei bemerkt, daß, als mit dem Regalbergbaugesetze vom 22. Mai 1851 statt der bisherigen Abmessung des Grubenfeldes auf der Lagerstätte die Bestimmung desselben nach abgegrenzten Theilen der Oberfläche eingeführt wurde, die Altväter-Brücke sich überhaupt nicht im verliehenen Grubenfelde befand.
Erst im Jahre 1853 erweiterte das benachbarte Berggebäude „Neu komm Glück mit Freuden Erbstolln“ sein Feld derart, daß es auch das Unterirdische der Altväter-Brücke mit umfaßte. Im Jahre 1855 fiel das Unterirdische des nördlichen Drittels der Brücke in Folge theilweiser Lossagung des Grubenfeldes des genannten Berggebäudes wieder in’s Freie. Dieser Theil des Unterirdischen kam im Jahre 1857 zufolge einer Nachverleihung an das fiskalische Berggebäude „Beihilfe Erbstolln“ zum Grubenfelde des letzteren, bei welchem es sich zur Zeit noch befindet. Auch das Unterirdische unter den anderen zwei Dritttheilen der Brücke fiel im Jahre 1876 in's Bergfreie. Im Jahre 1892 wurde es an das fiskalische Berggebäude „Kurprinz Friedrich August Erbstolln“ verliehen; zum Felde des letzteren gehört es noch heute.
Dasjenige Berggebäude, dem die Altväter-Brücke zuletzt gedient hatte, „Isaak Erbstolln“, war zwar im Jahre 1883 noch in Lehn und ist es noch heute. Inhaber des Bergbaurechts ist dermalen das bereits genannte fiskalische Berggebäude „Beihilfe Erbstolln“. Es steht indeß noch jetzt in keiner Weise fest, ob und in welchem Sinne die Altväter-Brücke, als sie von „Isaak Erbstolln“ benutzt wurde, Zubehör desselben war. Zudem hatte man behördlicherseits bereits bei den Ausbesserungen in den Jahren 1797 und 1832 geglaubt, davon absehen zu müssen, dieses Berggebäude zu den Kosten derselben heranzuziehen. Unter solchen Umständen konnte ihm die Erhaltung des Bauwerks auch im Jahre 1883 nicht wohl übertragen werden.
Da ferner auch die betheiligten Ufereigenthümer und Gemeinden hiervon zu verschonen waren, so wurde im gedachten Jahr beschlossen, die Brücke künftig auf Staatskosten zu erhalten; man erwog hierbei, daß dieses Bauwerk wenigstens mittelbar, ebenso wie ein unterirdischer, auf Erze getriebener Grubenbau, einer ohne Rücksicht auf die Zustimmung des Grundbesitzers ertheilten staatlichen Erlaubniß zum Bergbaubetrieb seine Entstehung verdanke, und daß deshalb derjenige Grund, welcher dazu geführt hatte, für den Fall einer Beschädigung der Oberfläche durch verlassene Grubenbaue im unverliehenen Grubenfelde nachzulassen, daß dann, wenn der zum Ersatze verpflichtete letzte Bergwerksbesitzer, beziehentlich seine Rechtsnachfolger nicht mehr vorhanden sind, die erforderlichen Wiederherstellungen, wenn-chon nur ausnahmsweise und nur aus besonderen Rücksichten, auf Staatskosten erfolgen dürfen, bei wohlwollender Beurtheilung der Verhältnisse auch hinsichtlich der Altväter-Brücke einschlage, und zwar in dem Sinne, daß der Staat nicht nur, wenn Beschädigungen durch die Baufälligkeit der Brücke entstünden, zum Ersatz derselben, sondern auch dazu sich veranlaßt fühlen könne, solche Schäden von vornherein zu verhindern.
Zudem kam ja der betreffende Aufwand auch der Mulde, einem sogenannten „fiskalischen" Flusse, dessen Bett im Falle eines Zusammenbruchs der Brücke beschädigt worden wäre, zu Gute.
Aus ebendenselben Gründen wurden, als sich im Jahre 1893 der Abbruch der Brücke erforderlich machte, auch die Kosten des letzteren auf die Staatskasse übernommen.
Bei dem Mangel genauer Nachrichten über die Erbauung der Brücke ist auch darüber, wie die rechtlichen Beziehungen des Eigenthümers derselben zu dem Eigenthümer des Grund und Bodens, über welchen sie führte, und zum Staatsfiskus als dem Eigenthümer des Muldenbetts geordnet waren, nichts Sicheres bekannt.
Die Brücke überschritt außer dem Muldenbett am linken Muldenufer in der Flur des selbständigen Gutsbezirks Hals Theile der Parzellen 103c, 126 (alte Meißner Straße), 105c des Flurbuchs für den genannten Gutsbezirk, am rechten Ufer in der Flur Rothenfurth Theile der Parzellen 312, 368 (vormaliger Schiffskaual), 308, 358 (alte Meißner Straße), 313, 365 (Mühlweg), 314 des Flurbuchs für Rothenfurth. Die Parzelle 368 des Flurbuchs für letzteren Ort (vormaliger Schiffskanal) gehört dem Staatsfiskus, während sich die sonstigen vorbezeichneten Flurstücke mit Ausnahme der mitaufgeführten Wegeparzellen in Privatbesitzthum befinden.
Im Grund- und Hypothekenbuche, dem Flurbuche, den Flurkarten ist irgend ein die Brücke betreffender Eintrag nicht vorhanden. Hieraus ergiebt sich, daß, wenigstens dermalen, mit der Brücke Grundbesitzthum nicht verbunden ist. Demzufolge könnte zunächst angenommen werden, es habe sich bei derselben nur um eine Wasserleitungsgerechtigkeit, d. h. um eine Dienstbarkeit (Servitut) und in Verbindung damit um das Recht gehandelt, die zu ihrer Ausübung erforderlichen Vorrichtungen auf den mit der Gerechtigkeit belasteten Grundstücken anzubringen (§ 555 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Hiergegen spricht indeß die Umfänglichkeit und Stabilität der hier in Betracht gewesenen „Vorrichtungen“.
Der richtigen Meinung nach dürfte hier wohl ein im Verhältniß zu einer Dienstbarkeit wesentlich weiter gehendes und dem Grundeigenthum erheblich näher kommendes Recht, nämlich ein solches vorgelegen haben, wie es dem zur Zeit der Errichtung der Brücke in Sachsen geltenden Römischen Rechte als „superficies“ bekannt war, in dem dermaligen Sächsischen Rechte aber als „Baurecht“, d. h. als das nach Befinden vererbliche und veräußerliche Recht, ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zu haben (§ 661 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Aufnahme gefunden hat. Daß ein derartiges Recht auch an öffentlichem Wegeareal und am Bett eines fiskalischen Flusses stattfinden könne, ist niemals zweifelhaft gewesen.
Nachdem im Jahre 1843 in Sachsen die Grund- und Hypothekenbücher eingeführt worden waren, hätte das gedachte Baurecht hinsichtlich derjenigen in Betracht kommenden Flurparzellen, welche selbst im Grund- und Hypotkekenbuche eingetragen worden waren, nach der herrschenden Ansicht grundbücherlich verlautbart werden müssen (§ 14 des Gesetzes, die Grund- und Hypothekenbücher und das Hypothekenwesen betreffend, vom 6. November 1843, sowie nunmehr § 661 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), ja es kam hiernach für dieses Recht auch die Anlegung eines besonderen Grundbuchfoliums in Frage. Wenn Beides unterblieb, so ist dies wohl daraus zu erklären, daß man sich über die Rechtsverhältnisse an der Brücke, insbesondere über die Person des Inhabers des in Betracht kommenden Baurechts auch damals nicht im Klaren war, sowie daß sich überhaupt Niemand dazu drängte, als Eigenthümer dieses verfallenden Gemäuers behandelt zu werden.
Nach der jetzt herrschenden und richtigeren Ansicht wird der Grundsatz: aedificium cedit solo, bei dem Baurecht dergestalt durchbrochen, daß der mit dem Gebäude versehene Grund und Boden zwar dem Grundstücks- Eigenthümer, das Bauwerk selbst aber dem Inhaber des Baurechts eigenthümlich zusteht. Demgemäß konnte auch nicht davon die Rede sein, daß etwa über die durch den Abbruch der Brücke gewonnenen, übrigens fast werthlosen Steinmassen die Eigenthümer des Grund und Bodens, auf dem die Brücke stand, zu verfügen hätten.
Sie waren aber auch mit den Kosten der Niederlegung der Brücke zu verschonen. Denn mochte ein Dienstbarkeitsverhältniß oder ein Baurecht vorgelegen haben, in beiden Fällen war, wenigstens in erster Linie, nicht der Besitzer des Grund und Bodens, sondern der Inhaber der gedachten Berechtigung zur Instandhaltung (§ 555 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und demnach, falls er von einer solchen absehen wollte, zur Tragung der Kosten der Niederlegung der Brücke verpflichtet.
Hatte man sich, wie oben unter III dargethan, mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß die Altväter-Brücke beseitigt werde, so lag doch die Erwägung nahe, ob nicht zur Erinnerung an dieses Bauwerk wenigstens Theile desselben erhalten bleiben konnten. Diese Frage war zu verneinen.
Zwar konnte von einzelnen Theilen der Brücke angenommen werden, daß sie bei weiterem Verfall den Verkehr auf der alten Meißner Straße und dem sogenannten Mühlwege wenigstens unmittelbar nicht gefährdet haben würden. Es hätten indeß die Bruchflächen dieser Theile sorgsam verputzt werden müssen; ferner würden diese Überbleibsel bei weiterem Verfall die Benutzung der Flurstücke, auf welchen sie standen, erschwert und gefährdet haben und so eine Quelle beständiger Beschwerden der betheiligten Grundbesitzer geworden sein. Zudem ließ sich von vornherein gar nicht übersehen, in welcher Weise diese Theile durch die stattfindenden Sprengungen mit erschüttert und hierdurch beschädigt werden würden.
Als während des Ganges der Niederlegungsarbeiten auf Anregung des Königlich Sächsischen und des Freiberger Alterthumsvereins die Frage, ob nicht wenigstens der erste Bogen am südlichen Ende der Brücke erhalten werden könne, anderweit zu erörtern war, stellte es sich auch heraus, daß der Mauerverband dieses Bogens und der dazu gehörigen beiden Pfeiler sich durch die Sprengungen in einem Maße gelockert hatte, welches, falls der Bogen stehen geblieben wäre, sehr umfängliche Wiederinstandsetzungsarbeiten erforderlich gemacht haben würde. Zudem wurden auch, wie beiläufig bemerkt werden mag, um deswillen, weil die alte Meißner Straße zwar nicht unter diesem, wohl aber unter dem zweiten Bogen hinwegführte und deshalb dem ersteren ziemlich nahe lag, gegen die Belassung dieses Bogens verkehrspolizeiliche Bedenken geltend gemacht.
Die Niederlegung selbst erfolgte nicht durch regelrechte Abtragung, sondern durch Sprengungen. Zwar verhehlte man sich nicht, daß auch mit der letzteren Art der Niederlegung mannigfache Nachtheile verknüpft waren; was indeß andererseits die Abtragung der Brücke anlangte, so erschien dieselbe für die damit beschäftigten Arbeiter als zu gefährlich. Denn es ließ sich bei der mangelhaften Bauart und dem schadhaften Zustand der Brücke nicht vorausbestimmen, welche Bewegungen bei Entlastung der Bogen und Pfeiler in dem vom Mörtel entblößten Mauerwerk eintreten würden. Hierzu kam, daß die regelrechte Abtragung des Mauerwerks eine schwerköstige gänzliche Einrüstung der Brücke erfordert haben würde. Die bei einer Niederlegung durch Sprengungen zu befürchtenden Übelstände bestanden hauptsächlich darin, daß ein Theil der fallenden Massen unvermeidlich in das Muldenbett zu liegen kommen mußte, daß ferner hinsichtlich anderer Theile zu erwarten war, es würden dieselben den gleichfalls unter der Brücke hinwegführenden Werksgraben (den früheren Schiffskanal) beschädigen, sowie endlich darin, daß, wie bereits bemerkt, entlang der Wasserleitungsbrücke die zur alten Meißner Straße gehörige Straßenbrücke führte und auch diese mit Rücksicht auf die niederstürzenden Massen gefährdet erschien.
In letzterer Beziehung war in Frage gebracht worden, zum Schutze der Straßenbrücke den anscheinend auf der Planie der Wasserleitungsbrücken liegenden Schotter auf die Fahrbahn zu stürzen. Hiervon kam man jedoch der Gefährlichkeit dieser Arbeit wegen und, weil zu befürchten war, daß, wenn einmal größere Mauerstücke auf die Straßenbrückel stürzen würden, die letztere auch nicht durch die Schotterdecke ausreichend geschützt wäre, wieder ab. Man faßte vielmehr ins Auge, durch geeignetes Ansetzen der Sprengschüsse von vornherein ein Herabfallen des Gemäuers auf die Straßen- brücke soweit möglich zu vermeiden. Der gedachte Werksgraben wurde dadurch geschützt, daß derselbe unter der Brücke und eine Strecke oberhalb und unterhalb derselben mit Eisenschienen, Stämmen, Pfosten und Schwarten sowie darauf gebrachte Schottermassen abgedeckt wurde, während man die Gefahr einer Anstauung des Wassers der Mulde dadurch zu umgehen bestrebt war, daß man, wie sofort zu erwähnen, die Sprengungen in wasserarmer Jahreszeit vornahm.
Die Pfeiler entlang der Straßenbrücke sollten, um die Haltbarkeit der letzteren nicht zu beeinträchtigen, bis zur Höhe der Straßenbrüstung be- lassen, die übrigen Pfeiler aber bis zur Rasensohle niedergelegt werden. Insbesondere wegen der Nothwendigkeit, bei der Niederlegung auf die Straßenbrücke Rücksicht zu nehmen, erschien es als Bedürfniß, die Sprengungen hierin besonders geübten Arbeitskräften zu übertragen. Die Bergbehörde suchte deshalb an zuständiger Stelle darum nach, daß Pioniere hierzu befehligt würden. Diesem Gesuche wurde in dankenswerthester Weise entsprochen: am 25. September 1893 trafen 1 Hauptmann, 3 Unteroffiziere und 15 Mann des Königlich Sächsischen Pionierbataillons Nr. 12 an der Arbeitsstelle ein, welche in der Zeit bis zum 9. Oktober desselben Jahres, und zwar, wie schon hier bemerkt werden mag, mit eigenem Handwerkszeug, sowie eigenen Sprengstoffen und Zündungsmitteln die Sprengungen ausführten.
Die Sprengungen erfolgten in der Weise, daß die unteren Theile der Brückenpfeiler mittelst Sprengladungen zerstört und hierdurch die Pfeiler, sowie mit ihnen die Bögen der Brücke zum Einsturz gebracht wurden.
Die Pfeiler wurden nicht sämmtlich auf ein Mal, sondern, abgesehen von den gleichzeitig gesprengten beiden letzten Pfeilern, in der Reihenfolge von Nord nach Süd einzeln niedergelegt.
Das Verfahren hierbei war Folgendes:
Durch die die Sprengungen ausführenden Mannschaften wurden bei allen Pfeilern in die zu zerstörenden unteren Theile derselben, und zwar söhlig gemessen auf eine Tiefe von durchschnittlich 90 cm, Sprengkammern ein- gearbeitet, welche nach Einsetzung der Sprengladung und der Zündleitung wieder mit Cementmörtel vermauert wurden. Die zur Herstellung der Kammern erforderliche Aushöhlung der Pfeiler erfolgte nicht durch Aus- brechen des Mauerwerks mittelst Handwerkzeuges, sondern unter Anwendung von Bohrschüssen. Dies geschah aus folgendem Grunde:
Das Bauwerk war zwar auch nach Ansicht der militärischen Sachverständigen in „gefährlicher“ Weise baufällig, insbesondere wurde auch von diesen festgestellt, daß
„die Brücke vom 3. bis zum 9. Pfeiler in seitlicher Richtung (nach unterstrom), in den Pfeilern 8 und 9 überdies in der Längsrichtung überhing“,
auch daß
„in den Bögen und Pfeilern eine Menge Risse entstanden waren, die bei der Sprengarbeit fortgesetzter Beobachtung bedurften“.
Diese Mängel hatten indeß ihren Grund mehr in der Eigenart der Konstruktion dieser Wasserleitungsbrücke. Was die Güte der Mauerung anbetrifft, so hatte man zwar, insbesondere bei der Bearbeitung der Pfeiler, die Erfahrung gemacht, daß die Mauerung, zumal in den End- pfeilern, in den nachträglich angebauten Verstärkungen des 8., 9. und 11. Pfeilers, sowie in den Bögen und in deren Übermauerung schlecht war. In anderen Theilen aber, insbesondere in den mittleren Pfeilern, erwies sie sich bei weiterem Eindringen in dieselben als „sehr gut“. Deshalb wurde von einer Bearbeitung der Pfeiler mit dem den Pionieren zur Verfügung stehenden Handwerkszeug als zu zeitraubend abgesehen.
Anlangend die Räthlichkeit der Herstellung der Sprengkammern durch Bohrschüsse, so ist diesem Verfahren, wie in dem Berichte des die Sprengungen leitenden Offiziers hervorgehoben wird, vor der Handarbeit bei Steinmauerung ganz allgemein, bei Ziegelmauerung indeß nur dann der Vorzug zu ertheilen, wenn es sich um Einbringung sehr tiefer Kammern handelt, wie denn überhaupt dasselbe nur angewendet werden kann, wenn die Kammern soweit von einander entfernt sind, daß ungeachtet des bei diesem Verfahren unvermeidlichen Mehrabgangs von Mauerwerk noch so viel Mauerung, als nöthig ist, um einen vorzeitigen Einsturz des Mauerwerks zu verhindern, zwischen den Kammern verbleibt. Bei der Anlage von Kammern über das Maß von einem Meter Tiefe hinauszugehen, wird in dem gedachten Berichte als unvortheilhaft bezeichnet, weil alsdann das Einbringen der Ladung und die gehörige Wiedervermauerung der Kammer sehr schwierig sei.
Bei den Pfeilern 3 bis mit 7 war behufs Herstellung der Kammern und Einbringung der Ladung die Aufstellung eines leichten Gerüstes an der westlichen Seite jedes dieser Pfeiler erforderlich.
Die Sprengschüsse konnten nicht beliebig angesetzt werden, denn einerseits sollte, wie bereits bemerkt, erreicht werden, daß dort, wo an der Wasserleitungsbrücke die Straßenbrücke sich befindet, die nachstürzenden Pfeiler und Bogen nicht auf die letzere fielen; deshalb galt es, bei diesen Pfeilern das Mauerwerk im Querschnitt der Sprengkammer nicht gänzlich zu zerstören, sondern einen nach der Straßenbrücke zu gelegenen Theil desselben unversehrt zu lassen, weil alsdann zu hoffen war, daß die Massen nicht nach der Straßenbrücke, sondern nach derjenigen Seite, auf welcher ihnen in Folge der Sprengung der Stützpunkt entzogen wurde, fallen würden.
Diese Annahme traf im Allgemeinen zu, indeß wurde die beabsichtigte Fallrichtung durch die Verbindung, in welcher der hereinbrechende jedesmalige Bogen mit dem noch stehenden Nachbarpfeiler stand, begreiflicher Weise beeinträchtigt. Wo, wie bei den gleichzeitig gesprengten letzten beiden Pfeilern, eine solche Verbindung nicht mehr vorhanden war, wurde die beabsichtigte Fallrichtung in vollem Maße erzielt.
Außerdem mußte noch auf die 100 bis 150 m östlich der Brücke belegenen Wohn- und Wirthschaftsgebäude Rücksicht genommen werden.
Unter diesen Umständen war eine Anbringung der Ladungen auf der östlichen Seite der Brücke fast ganz ausgeschlossen, in der Längsrichtung aber nur dort möglich, wo sie so erfolgen konnte, daß die Gebäude nicht in den Streuungskegel zu liegen kamen. Bei einzelnen der Landpfeiler war eine die Gebäude gefährdende Anbringung der Ladung an der östlichen Seite und in der Längsrichtung der Brücke nicht zu umgehen. Hier wurden zum Schutze der Gebäude hinreichend hohe und starke Bohlenwände errichtet. Nicht unerwähnt mag bleiben, daß besage des mehrerwähnten Berichts durch diese Beschränkung im Ansatz der Sprengschüsse eine nicht unbeträchtliche Erhöhung des Bedarfs an Sprengstoff bedingt wurde.
Als Sprengstoff wurde Schießbaumwolle, wie solche bei dem genannten Truppenkörper zu kriegsmäßigen Sprengungen eingeführt ist, verwendet. Insgesammt waren rund 300 kg erforderlich.
Die Ladung wurde für jede Kammer nach der bekannten Lebrun'schen Formel
berechnet, wobei L die Ladung in Kilogrammen, W die Widerstandslinie (Vorgabe) in Metern, c einen bei gleichem Sprengobjekt und Sprengstoff constanten Erfahrungscoefficienten bedeutet, welcher indeß in vorliegendem Falle bei den einzelnen Kammern je nach der Festigkeit des Mauerwerks verschieden hoch anzunehmen war.
Zur Veranschaulichung des Ansatzes der Kammern bei einzelnen Pfeilern sollen die dem mehrerwähnten Berichte entnommenen Skizzen in Figur 3 bis 6 dienen. Dieselben beziehen sich, angeordnet nach der Reihenfolge der Niederlegung, auf die Pfeiler 11, 9, 8, 6 bis 2. In diesen Skizzen bedeuten die mit römischen Zahlen bezeichneten Stellen die Lage der Sprengkammern und die diese Stellen concentrisch umgebenden Kreisflächen die söhligen Querschnitte derjenigen Theile des Mauerwerks, welche durch die betreffenden Sprengladungen zerstört werden sollten, während die unregelmäßig begrenzten, punktirten Flächen die Querschnitte derjenigen kegelförmigen Höhlungen bezeichnen sollen, welche zur Herstellung der Sprengkammer aus dem Mauer- werk ausgeschossen und vor der Entzündung der eingebrachten Sprengladung wieder vermauert worden waren. Die Maße sind in Metern angegeben.
a b c d ist der Querschnitt des Pfeilers, c g f e der Querschnitt der im Bergamtsberichte vom 1. November 1797 (siehe oben unter III) erwähnten Verstärkung.
Es war
| bei Kammer I | \(W=0,90\) | \(c=10\) | \(L=7,29\) kg |
| bei Kammer II | \(W=0,90\) | \(c=6\) | \(L=4,39\) kg (das Mauerwerk war ausgewittert) |
| bei Kammer III | \(W=0,50\) | \(c=10\) | \(L=1,25\) kg |
| bei Kammer IV | \(W=0,80\) | \(c=10\) | \(L=5,12\) kg |
| bei Kammer V | \(W=0,60\) | \(c=10\) | \(L=2,16\) kg |
| bei Kammer VI | \(W=0,90\) | \(c=12\) | \(L=8,75\) kg (das Mauerwerk war sehr fest und verankert) |
| bei Kammer VII | \(W=0,90\) | \(c=10\) | \(L=7,29\) kg |
a b c d ist der Querschnitt des Pfeilers, c d e f der Querschnitt, des nach dem Jahre 1797 zur Stützung dieses Pfeilers aufgeführten Strebepfeilers.
In ersterem war das Mauerwerk sehr fest, dagegen war der Strebepfeiler nur von außen herein auf 70 cm Stärke mit Mörtel, im Innern jedoch trocken gemauert.
Es war
W bei sämmtlichen Kammern = 0,90,
c bei den Kammern I und VI = 12,
bei den Kammern II, III, IV und V = 10,
L bei den Kammern I und VI = je 8,75 kg,
bei den Kammern II, III, IV und V = je 7,30 kg.
a b c d ist der Querschnitt des Brückenpfeilers, b c e f der Querschnitt der Seitenmauerung der im Jahre 1751 zur Stützung des südlich an den Pfeiler anstoßenden Bogens eingebauten Unterwölbung.
Bei der Kammer I und II war W = 0,90, c = 12, L = 8,75 kg,
bei der Kammer III W=1, c=11, L=11 kg.
a b c d ist der Querschnitt der Pfeiler.
Hier war bei allen Kammern
W=0,90, c= 12, L=8,75 kg.
Die Zündung der Ladungen erfolgte elektrisch. Die Ladunngen waren aber sämmtlich mit einer Reserve-Zündvorrichtung (System Bickford & Co.) versehen.
Die elektrische Zündung versagte bei dem Pfeiler 11 in zwei Kammern, bei dem Pfeiler 9 in einer Kammer. Dies wurde auf fehlerhafte Zündpatronen zurückgeführt.
Als Beweis dafür, welche Zufälle den Schluß der elektrischen Leitung verhindern können, wird in dem gedachten Berichte Folgendes mitgetheilt:
zur Leitung vom Apparate nach der Sprengstelle sei ein vorher geprüftes Kabel, als Rückleitung die Erde benutzt worden; die beiderseitigen Endleitungen zur Erde seien gleichbeschaffener blanker Draht in Verbindung mit einem Spatenblatt gewesen; bei dem Apparate habe man den Spaten mit der feuchten Erde, bei der Sprengstelle unmittelbar mit dem Muldenwasser in Verbindung gebracht. Hierbei habe die Leitung versagt, dieselbe sei erst dann geschlossen gewesen, als auch der andere Spaten zwar dicht neben dem Muldenbett, aber doch außerhalb desselben mit dem Erdboden in Verbindung gebracht worden sei. Im Zusammenhang hiermit wird in dem Berichte empfohlen, in Fällen der vorliegenden Art die Leitung vor Ein- schaltung der Sprengladungen durch besonders eingeschaltete Zündpatronen zu prüfen.
Die gefallenen Sprengmassen bestanden zum bei weitem größten Theile aus Schutt. Bausteine und sonstige wieder verwerthbare Materialien waren nur in geringen Mengen darin enthalten. Wie man deshalb bereits vor Abbruch der Brücke die Hoffnung, die Niederlegung derselben gegen den Werth der Steine an einen Unternehmer verdingen zu können, sehr bald aufzugeben genöthigt gewesen war, mußte man sich auch nach erfolgtem Abbruch von der Unmöglichkeit, aus den Bruchmassen einen Erlös zu erzielen, überzeugen.
Demnach war für Abräumung und Unterbringung der Massen Sorge zu tragen.
Ursprünglich war beabsichtigt, sie in unmittelbarer Nähe der Brücke am südlichen Muldengehänge aufzuschichten; dies würde indeß, da das Gehänge verhältnißmäßig steil ist und fast unmittelbar in die Mulde abfällt, nicht ohne Schwierigkeiten ausführbar gewesen sein. Um so erfreulicher war es, daß das benachbarte fiskalische Erzbergwerk „Beihilfe Erbstoll“ Verwendung für diese Massen hatte. Die letzteren wurden nämlich bei diesem Werke zur theilweisen Ausfüllung des auf dem rechten Muldenufer befindlichen größeren Tagebruchs, des bereits oben unter III erwähnten St. Jacob’er Bruchs, benutzt, und zwar hauptsächlich zu dem Zwecke, durch diese Ausfüllung ein durch den Bruch ermöglichtes Verfallen von Tagewässern in die Baue des genannten Berggebäudes vollständiger, als bisher geschehen, zu verhindern. Das genannte Berggebäude übernahm die Abräumung und Abfuhr der Massen und ließ beide Arbeiten, die Abfuhr unter Benutzung von Feldbahnen, durch einen Privat Unternehmer ausführen. Eine Bezahlung hatte es für die Überlassung der Massen nicht zu entrichten.
Eine Anstauung von Muldenwassern durch die in das Muldenbett zu liegen gekommenen, nachmals selbstverständlich wieder aus ihm entfernten Bruchmassen hat in irgend erheblichem Umfange zu keiner Zeit stattgefunden. Am 29. November 1893 waren die Abräumungsarbeiten so weit vorgeschritten, daß die zur alten Meißner Straße gehörige Straßenbrücke, welche am 21. September desselben Jahres der Sprengarbeiten wegen gesperrt worden war, dem öffentlichen Verkehr wieder freigegeben werden konnte.
Wie bereits bemerkt, war ein Herabfallen der Sprengmassen auf die Straßenbrücke nicht gänzlich zu vermeiden gewesen. Hierdurch war die Brüstungsmauer der Brücke zu zwei Dritttheilen zerstört worden. Auch war an der nördlichen Zufahrtsrampe der Straßenkörper derart zerschlagen worden, daß in der Längsrichtung der Straße tiefgehende Risse und in der östlichen Futtermauer Ausbauchungen entstanden waren. Die Brüstungsmauer wurde, und zwar, da auch das übrige Dritttheil rissig geworden war, ihrer ganzen Länge nach, abgetragen und neu aufgeführt; dasselbe geschah mit dem beschädigten Theile der nördlichen Zufahrtsrampe.
Außerdem war es jedoch erforderlich geworden, die Wölbungen und Außenflächen der Brücke auszuzwicken und mit Mörtel zu bewerfen, weil die Straßenbrücke durch die Sprengungen starke Erschütterungen erlitten hatte, welche das Herausbröckeln von Mörtel und zahlreichen kleinen Steinen nach sich zogen.
Auch diese Wiederherstellungsarbeiten erfolgten auf Rechnung der Staatskasse.
Was die Höhe des durch die Niederlegung der Brücke entstandenen Kostenaufwands anlangt, so wurde der letztere durch das Eingreifen der Mannschaften des Königlich Sachsischen Pionierbataillons begreiflicher Weise beträchtlich herabgemindert.
Außer den Beräumungsarbeiten waren auch die erforderlichen Wiederherstellungen gegen die ortsüblichen Einheitspreise an einen Privatunternehmer vergeben worden.
Mit den betheiligten Privatgrundbesitzern hatte man wegen der anläßlich der Niederlegung der Brücke zu erwartenden Inanspruchnahme ihres Grund und Bodens schon vor Beginn der Niederlegungsarbeiten angemessene Entschädigungssätze vereinbart.
Zum Schlusse sei noch hervorgehoben, daß die Sprengungs- und Beräumungsarbeiten, ingleichen auch, soweit sie bei Anfertigung dieses Aufsatzes erfolgt waren, die Wiederherstellungsarbeiten ohne jeden Unfall von statten gegangen sind.
Aufname der Straßenbrücke Freiberger Mulde aus dem Jahr 2021. (Foto: Ingo Berg; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0)
Ansicht von Nordost; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.
Ansicht von Norden; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.
Ansicht von Südwest; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.
Ansicht von Südwest; Aufgenommen von H. Börner, Photograf und akademischer Maler, Freiberg.